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Betreuung

10 Fragen & Antworten

Die Antworten ersetzen keine individuelle Rechtsauskunft. Ihre persönliche Situation besprechen Sie bitte direkt mit einem Anwalt Ihres Vertrauens. Diesen finden Sie unter Anwaltsuche.

Was ist rechtliche Betreuung?

Viele Menschen setzen den Begriff rechtliche Betreuung mit Entmündigung gleich, obwohl es Entmündigungen nach deutschem Recht schon lange nicht mehr gibt. Bereits 1992 schaffte der Gesetzgeber die Entmündigung sowie die „Vormundschaft für Volljährige“ und die „Gebrechlichkeitspflegschaft“ ab und ersetzte sie durch ein modernes Betreuungsrecht und die rechtliche Betreuung, also die juristische Vertretung eines Menschen. 

Wer kann rechtlich betreut werden?

Aktuell haben über eine Million Menschen einen rechtlichen Betreuer an ihrer Seite, darunter vor allem geistig Behinderte und alte, an Demenz leidende Senioren. Betreut werden können Erwachsene, die zu krank oder zu verwirrt sind, um bestimmte Bereiche ihres Lebens selbst zu „managen“. Wenn sie sich etwa nicht mehr um ihre Gesundheit kümmern können oder ihre Geldangelegenheiten nicht mehr überblicken, brauchen sie jemanden, der sie in diesen Bereichen vertritt.

Warum ist eine rechtliche Vertretung so wichtig?

Eltern dürfen über die Belange ihrer Kinder bestimmen, sie sind ihre rechtlichen Vertreter.  Aber dass Menschen so umfassend über andere entscheiden dürfen, ist eine Ausnahme, die mit dem 18. Geburtstag endet. Ein Erwachsener vertritt sich selbst, andere können das nicht so ohne weiteres für ihn übernehmen. „Selbst Ehepartner und andere Verwandte eines Menschen, der krank geworden ist, können ihn nicht automatisch rechtlich vertreten“, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Dietmar Kurze von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) und als Vorsorgeanwalt spezialisiert auf Betreuungsrecht.

Wer kann Betreuer werden?

Vertreten kann ein Erwachsener einen anderen nur dann, wenn zum Beispiel ein  Betreuungsgericht ihn zum Betreuer bestimmt. Diese Aufgabe können Ehepartner oder andere Familienmitglieder übernehmen, aber auch Rechtsanwälte, Betreuungsvereine oder Berufsbetreuer kommen dafür in Frage.

Bleiben Betreute geschäftsfähig?

Menschen, die ihr Leben teils nicht mehr selbstständig führen können, aber noch in der Lage sind, mitzuentscheiden, bekommen einen Betreuer für die „problematischen“ Bereiche. Dabei blieben die Menschen in der Regel geschäftsfähig und behalten ihre bürgerlichen Rechte: Sie können Verträge abschließen, heiraten oder Testamente aufsetzen. „Es gibt aber auch Betreuungen für alle Aufgabenbereiche“, sagt Rechtsanwalt Dr. Dietmar Kurze. „Diese werden angeordnet, wenn jemand so krank ist, dass er keinen Bereich seines Lebens mehr selbst organisieren kann.“ Der Mensch ist dann unter Umständen zwar noch geschäftsfähig, tatsächlich verwaltet dann aber der Betreuer sämtliche Lebensbereiche.

Wann greifen rechtliche Betreuungen?

Eine rechtliche Betreuung muss gut begründet sein. Sie ist nicht schon dann gerechtfertigt, wenn jemand zum Bespiel seinen Haushalt nicht mehr alleine führen kann oder sich weigert, sich von einem Arzt behandeln zu lassen. Sich zu weigern hat erst einmal keinen Krankheitswert. Anders sieht es aber aus, wenn renitentes Verhalten etwa Folge einer Demenz ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nennt in Paragraph 1896 die Kriterien, die rechtliche Betreuungen legitimieren: Körperliche, geistige oder psychische Behinderungen oder psychische Krankheiten, zu denen neben Demenz zum Beispiel auch Neurosen oder Schizophrenie gehören.

Wo stellt man einen Antrag auf Betreuung?

Eine Betreuung beantragen manchmal die Betroffenen, manchmal wendet sich aber auch ihre Familie an die Betreuungsgerichte und stellt dort einen Antrag. Betreuungsgerichte gehören zu den örtlichen Amtsgerichten, sie sind Dreh- und Angelpunkt im Betreuungsverfahren. Dieses beginnt, sobald ein Antrag bei dem Betreuungsgericht eingeht. In dem Verfahren bestimmen die dort tätigen Richter etwa, wer rechtlicher Betreuer wird und wie lange die Betreuung dauern soll. Über besondere Sachbearbeiter, die Rechtspfleger, kontrollieren die Richter, wie gut die rechtlichen Betreuer ihre Arbeit machen.

Die Kosten für die rechtliche Betreuung zahlt übrigens der Betreute selbst. Nur wenn er das Geld dafür nicht aufbringen kann, übernimmt die Staatskasse die Kosten.

Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht

Wer ihr Betreuer sein soll, können die Betreuten mitbestimmen, wenn sie geistig und körperlich dazu noch in der Lage sind. Ist das nicht der Fall, hilft eine Betreuungsverfügung. Darin legen Menschen in gesunden Zeiten fest, wer sich im Falle des Falles um sie kümmern soll. Betreuungsverfügungen unterscheiden sich von Vorsorgevollmachten. Liegt eine Vorsorgevollmacht vor, braucht jemand unter Umständen keine rechtliche Betreuung.

Wie sehen die Aufgaben der Betreuer aus?

Betreuer übernehmen meist bestimmte „Aufgabenkreise“, wie es im Betreuungsrecht heißt, und vertreten den Betreuten in diesen Belangen. So dürfen sie zum Beispiel Vermögen verwalten, die Gesundheitsfürsorge übernehmen oder entscheiden, wo der Betreute künftig leben soll, in einem Pflegeheim etwa. Bei seiner Arbeit muss der Betreuer den Betreuten konsultieren, wenn er noch mitentscheiden kann. Ist das nicht mehr möglich, entscheidet der Betreuer etwa über die gesundheitlichen Fragen. Berücksichtigen muss er dabei aber immer den Willen, den der Betreute vielleicht in einer Patientenverfügung festgelegt hat.

Übrigens: „Rechtliche Betreuer haften, wenn sie ihre Pflichten gegenüber dem Betreuten verletzen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Kurze. „Sie müssen in solchen Fällen manchmal sogar Schadensersatz an den Betreuten leisten.“

Welche Mitspracherechte haben rechtlich Betreute?

Betreute haben zahlreiche Mitspracherechte. So können sie zum Beispiel nicht nur bestimmen, wer sie sich um sie kümmern soll, sondern auch vom Betreuungsgericht vorgeschlagene Betreuer ablehnen. Auch können sie beim Betreuungsgericht beantragen, einen neuen Betreuer zu bekommen. Allerdings funktioniert ihre Mitsprache nur, wenn sie ihre Rechte kennen, was nicht immer der Fall ist – und Betreute müssen gesundheitlich überhaupt dazu in der Lage sein, mitzubestimmen.