Vom 17. Januar 2022
(dpa/tmn). Nach dem Tod eines Menschen wird geschaut, ob und welche Verfügungen von Todes wegen dieser hinterlassen hat. Hierzu dient das zentrale Testamentsregister, aber auch die Ablieferungspflicht privater Testamente. Das Nachlassgericht hat diese Testamente sodann zu eröffnen, d.h. insbesondere auch, den gesetzlichen Erben und im Testament genannten Bedachten bekanntzugeben. Hierbei darf das Nachlassgericht die Eröffnung nicht auf die von ihm für wirksam gehaltene Verfügung von Todes wegen beschränken. Vielmehr muss es alle Schriftstücke eröffnen, die auch nur im Entferntesten ein Testament darstellen könnten. Erst im Erbscheinserteilungsverfahren dann entscheidet das Nachlassgericht unter Beteiligung der in den verschiedenen Testamenten Genannten darüber, ob ein Schriftstück ein Testament ist und welches Testament von mehreren maßgebend ist.
Der Fall
Zwei Frauen begehren die Eröffnung eines zwischen ihrem verstorbenen Vater und ihrer vorverstorbenen Mutter errichteten notariellen gemeinschaftlichen Testaments aus dem Jahre 1982. In diesem Testament hatten sich die Ehegatten gegenseitig zu Vorerben und die gemeinsamen Töchter als Nacherben eingesetzt. Das Nachlassgericht verweigert die Eröffnung, da das Testament keine Verfügung für den Todesfall des Letztversterbenden enthalte und der Erblasser später neu testamentarisch verfügt hat.
Im Rahmen des Eröffnungsverfahrens findet nur eine summarische Prüfung statt, ob ein Schriftstück ein Testament darstellen könnte.
Zu Unrecht, urteilen die Richter. Die in einem notariellen Testament genannten Erben können ihre Erbenstellung unter anderem durch Vorlage des eröffneten Testaments nachweisen. Dies ist nicht von vorneherein dadurch ausgeschlossen, dass Streit darüber besteht, ob sich die Erbfolge nach der älteren oder nach einer neueren Verfügung von Todes wegen richtet. Das ältere Testament sei insbesondere darauf zu untersuchen, ob die gegenseitige Einsetzung zum Vorerben samt Einsetzung ihrer aus der Ehe hervorgegangenen Töchter als Nacherben im Wege der Auslegung dazu führt, dass der Überlebende die Töchter auch hinsichtlich seines eigenen Nachlasses als Ersatzerben für den vorverstorbenen Ehegatten eingesetzt hat.
Erst im Erbscheinsverfahren darf das Nachlassgericht über Wirksamkeit und Inhalt von Testamenten entscheiden.
Diese Frage hat aber das Nachlassgericht nicht im Rahmen des Eröffnungsverfahrens abschließend zu klären. Vielmehr hat hier nur eine summarische Prüfung stattzufinden, ob eine letztwillige Verfügung vorliegt. Diese ist dann zu eröffnen, um den Beteiligten die Prüfung der Wirksamkeit und des Inhalts der Verfügung zu ermöglichen. Erst im Erbscheinserteilungsverfahren hat das Nachlassgericht dann unter Beteiligung der in den verschiedenen Testamenten Genannten darüber zu entscheiden, ob ein Schriftstück ein Testament ist und welches Testament von mehreren als maßgebend anzusehen ist. Daher ist vom Nachlassgericht jedes Schriftstück zu eröffnen, bei dem auch nur die entfernte Möglichkeit besteht, dass es eine letztwillige Verfügung des Erblassers sein könnte.
Oberlandesgericht (OLG) München, Beschl. v. 3.11.2021 (31 Wx 166/21 und 31 Wx 179/21)