Vom 9. Mai 2011
Bei Ausschlagung des Erbes muss Frist eingehalten werden – Dies gilt auch für die Anfechtung der Annahme des Erbes Möchte jemand eine Erbschaft nicht antreten, so muss er sie innerhalb einer bestimmten Frist ausschlagen. Versäumt er dies, gilt die Erbschaft als angenommen. Anders verhält es sich, wenn der Betreffende die Frist nur deshalb versäumt hat, weil er davon ausging, die Erbschaft bereits wirksam ausgeschlagen zu haben. Der Erblasser starb 1991, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Seine Frau starb 2009. Kinder gab es keine. Im August 2010 erfuhr der Bruder des Verstorbenen vom Nachlassgericht erstmals vom Tod seines Bruders und dass er neben dem Bundesland Thüringen zum Kreis der gesetzlichen Erben gehöre. Der Mann schrieb dem Gericht und teilte mit, dass er beim Tod seiner Eltern zu Gunsten seines Bruders auf seinen Erbteil verzichtet habe. Er habe kein Anrech tauf das Erbe und werde auch keinen Antrag darauf stellen.
Daraufhin wies ihn das Gericht im September 2010 nochmals darauf hin, dass er zu den Erben gehöre und weder eine Ausschlagungserklärung noch ein wirksamer Erbverzicht vorliege. Später legte der Mann in einer eidesstattlichen Erklärung dar, dieses Schreiben jedoch nicht erhalten zu haben. Er sei, so erklärte er, aufgrund seines Schreibens an das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass er mit dem Nachlass seines Bruders nichts zu tun habe. Erst durch den Erbscheinsantrag der Landesfinanzdirektion Thüringen habe er dann erfahren, dass er nach wie vor gesetzlicher Erbe seines Bruders sei.
Nachdem er von diesem Erbscheinsantrag Kenntnis erhalten hatte, erklärte der Mann im November 2010 die Anfechtung der Annahme der Erbschaft und schlug diese auch zugleich aus. Nach Meinung des Nachlassgerichtes hatte der Mann damit jedoch die jeweilige Sechs-Wochen-Frist für eine Ausschlagung des Erbes und für die Anfechtung versäumt. Der unfreiwillige Erbe legte daraufhin Beschwerde ein. Mit Erfolg. Zwar habe das beim Nachlassgericht eingegangene handschriftliche Schreiben des Mannes den Formanforderungen nicht genügt, so die Richter, und sei daherkeine gültige Ausschlagung des Erbes. Das Versäumen der Frist könne aber in gleicher Weise wie die Annahme des Erbes angefochten werden. Der potentielle Erbe könne sich dabei auf einen Irrtum berufen, wenn er die Erbschaft in Wirklichkeit nicht habe annehmen wollen und die Ausschlagungsfrist nur deshalb versäumt habe, weil er davon ausgegangen sei, die Erbschaft bereits ausgeschlagen zu haben. Darüber hinaus ging das Gericht davon aus, dass der Mann das Schreiben des Nachlassgerichts vom September 2010 tatsächlich nicht erhalten hatte. Damit sei die Anfechtungserklärung auch fristgerecht eingetroffen.
Beschluss des Oberlandesgerichts Thüringen vom 9. Mai 2011 (AZ: 6 W 51/11)