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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 8. Januar 2015

Ein zu kurzes Testament ist auch nicht gut

(dpa/red). Um die Erbfolge abzuändern, die vom Gesetz vorgesehen ist, muss man ein Testament anfertigen. Dieses kann man alleine machen. Besser ist es, sich dafür fachkundigen Rat einzuholen, insbesondere dann, wenn man rechtliche Fachbegriffe verwendet.

Das sogenannte „Berliner Testament“ ist unter Ehegatten und Lebenspartnerschaften sehr beliebt. In diesem gemeinsamen Testament setzen sie sich zunächst gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen zudem, dass mit dem Tod des zuletzt Versterbenden das Vermögen zum Beispiel an die Kinder fallen soll. Hierüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Der Fall

Der verheiratete Erblasser und Vater von 2 Kindern schrieb sehr kurz und bündig: „Mein Testament. Nach meinem Ableben soll die Erbschaft gemäß dem ‚Berliner Testament‘ erfolgen einschließlich der Wiederverheiratungsklausel.“ Für den Erblasser war dieses Testament wohl eindeutig; für seine Familie mitnichten: Die Ehefrau meinte, dass ihr verstorbener Ehemann sie damit zur Alleinerbin bestimmt habe. Die Kinder waren der Ansicht, dass das Testament keinen hinsichtlich der Erbfolge auslegungsfähigen Inhalt habe und sie und ihre Mutter somit nach den gesetzlichen Regelungen gemeinsam Erben geworden seien.

Man kann es nicht auslegen

Das Oberlandesgericht Hamm wollte dem Testament einen Inhalt entlocken und versuchte dafür, den wirklichen Willen des Erblassers zu erforschen. Das Gericht hält das Testament aber für nicht auslegungsfähig. Es lässt sich nicht feststellen, was der Ersteller sagen wollte. Unter einem sogenannten „Berliner Testament“ und unter einer „Wiederverheiratungsklausel“ können verschiedene Konstellationen gemeint sein. Beides sind Sammelbegriffe, die bei der Erstellung eines Testamentes auf die Familie und den Wünschen der Erblasser abgestimmt werden müssen. Da der Verfasser hier offensichtlich schon nicht wusste, dass ein „Berliner Testament“ nicht von einer Einzelperson, sondern nur von Eheleuten gemeinsam errichtet werden kann, kann nicht festgestellt werden, was er nach seinen Vorstellungen inhaltlich damit verband und anordnen wollte. Auch eine Wiederverheiratungsklausel gibt es in den unterschiedlichsten Variationen, sodass ebenso nicht zu erahnen ist, was geschehen soll, falls seine Ehefrau nochmals heiraten sollte. Das vermeintliche Testament muss also unberücksichtigt bleiben, sodass nach der gesetzlichen Erbfolge die beiden Kinder Erben zu je ¼ neben der Mutter (½) geworden sind.

Fazit:

Da die Nächsten nicht immer die Liebsten sind, sollte zur Errichtung eines Testaments ein Anwalt einbezogen werden. Nur so kann gewährleistet werden, dass alles klar und verständlich aus dem Testament hervorgeht. Hier finden Sie den passenden Anwalt in Ihrer Nähe.

Oberlandesgericht Hamm am 22. Juli 2014 (AZ: 15 W 98/14)

Quelle: www.dav-erbrecht.de