Vom 24. Mai 2011
Die Forderungen der Sozialhilfeträger sorgen immer mal wieder für Überraschungen. Wenig bekannt ist zum Beispiel, dass auch die Erben verpflichtet werden können, an den Verstorbenen gezahlte Sozialleistungen aus der Erbmasse auszugleichen. Mit einem solchen Fall hatte sich jüngst das Sozialgericht Berlin zu befassen.
Im November 2006 teilte die Klägerin dem beklagten Jobcenter in Berlin den Tod ihres 60 Jahre alten Vaters mit. Dieser hatte von 2005 bis 2006 Hartz IV-Leistungen in Höhe von insgesamt fast 12.000 Euro erhalten. Sein Vermögen von rund 22.000 Euro war dabei als so genanntes Schonvermögen nicht angerechnet worden. Nach Abzug unter anderem der Kosten für die Beerdigung verblieb ein Wert des Erbes von rund 20.000 Euro. Im Juli 2007 forderte das Jobcenter dann von der Tochter die Rückzahlung der dem Vater bewilligten Sozialleistungen. Die Frau klagte. Sie war der Meinung, eine derartige Erbenhaftung verstoße gegen das grundrechtlich garantierte Erbrecht.
Jedoch ohne Erfolg. Nach Auffassung der Berliner Sozialrichter war die Klägerin verpflichtet, die ihrem Vater rechtmäßig gewährten Sozialleistungen zurückzuerstatten. Dabei sei die Ersatzpflicht der Erben auf den Wert des Erbes begrenzt. Anders als bei einem überschuldeten Erbe müsse man hier also nicht die Verbindlichkeiten übernehmen und womöglich gezahlte Sozialleistungen über die Erbmasse hinaus aus dem eigenen Vermögen bezahlen.
Es gibt aber Ausnahmen von der Erbenhaftung, beispielsweise fürAngehörige, die den Verstorbenen gepflegt und mit ihm zusammen gewohnt haben.Voraussetzung ist hier, dass das Erbe den Betrag von 15.500 Euro nicht übersteigt. Auch gibt es besondere Härtefälle. Das so genannte Schonvermögen für die Bezieher von Sozialleistungen gelte allerdings nur für die Bezieher selbst, nicht jedoch für deren Erben. Die Erben seien also verpflichtet, mit dem geerbten Vermögen die gezahlten Sozialleistungen zurückzuerstatten. Hierbei haben die Jobcenter drei Jahre Zeit, um die Rückforderung geltend zu machen.
Im vorliegenden Fall lag für das Gericht keine dieser Ausnahmen vor. Das Erbe überschreite hier den Grenzwert von 15.500 Euro, so dass es nicht darauf ankomme, ob die Erbin den Vater gepflegt habe. Der Klägerin verbleibe auch ein Resterbe.
Die zugrunde liegende Vorschrift sei außerdem auch verfassungsgemäß. Es sei eine legitime Erwägung des Gesetzgebers, dass sich das dem Hilfebedürftigen belassene Schonvermögen nicht zugunsten des Erbes auswirken solle.
Für jeden Erben ist es ratsam, zunächst zu prüfen, ob man das Erbe ausschlagen sollte. Dies ist zum Beispiel dann sinnvoll, wenn das Erbe überschuldet ist. Aber auch die Erben von Verstorbenen, die Sozialleistungenerhalten haben, sollten genau prüfen, in welchem Umfang sie diese zurückerstatten müssen. Dabei helfen Erbrechtlerinnen und Erbrechtler in der Nähe. Solche findet man auf dieser Homepage in der Rubrik Anwaltsuche.
Entscheidung des Sozialgerichts Berlin vom 24. Mai 2011 (AZ: S 149 As 21300/08)