Vom 28. August 2015
(dpa/red). Wer alleine lebt und eine Haushaltshilfe hat, vertraut dieser häufig so, dass er ihr Vollmacht über sein privates Konto einräumt, um Geldbeträge abheben zu können. Verstirbt der Kontoinhaber und hebt die Haushaltshilfe danach Geld ab, stellt sich die Frage, ob dies wegen Untreue strafbar ist. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm.
Der vermögende Erblasser überließ oder schenkte der für ihn als Haushaltshilfe tätigen Angeklagten eine Kreditkarte „zur freien Nutzung, also für eigene Zwecke“ mit einem Verfügungslimit von 5.000 Euro monatlich. Nach dem Tod des Erblassers belastete die Haushaltshilfe diese noch in Höhe von 4.686,07 Euro. Dies ging natürlich zu Lasten des Nachlasses und somit zu Lasten der Erben des Erblassers, zu denen sie wissentlich nicht gehörte. Das Landgericht (LG) Siegen verurteilte die Angeklagte zu einer Geldstrafe wegen Untreue.
Das OLG Hamm sah dies anders: Ging das LG Siegen noch davon aus, dass die Angeklagte eine Treuepflicht, die aus der Überlassung der Kreditkarte resultierte und deren Nutzungsberechtigung mit dem Tod des Erblasser endete, zum Nachteil der Erben verletzt hat, sah das OLG Hamm keine Treuepflicht gegeben. Die Angeklagte traf für die Erfüllung des strafrechtlichen Tatbestandes der Untreue keine notwendige Vermögensbetreuungspflicht; weder gegenüber dem Verstorbenen noch gegenüber dessen Erben. Eine Vermögensbetreuungspflicht wird dann angenommen, wenn der Täter fremde Vermögensinteressen von einiger Bedeutung zu betreuen hat. Die sich daraus ergebende Pflicht „muss eine besondere sein, die über die für jedermann geltenden Pflichten zur Wahrung der Rechtssphäre anderer hinausgehenden Verantwortung für dessen materielle Güter hinausgeht. Den Täter muss eine inhaltlich besonders herausgehobene Pflicht zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen treffen. Ein bloßer Bezug zu fremden Vermögensinteressen recht nicht aus.“ Dies lag hier nicht vor, da der Angeklagten die Kreditkarte ausschließlich zur eigennützigen Verwendung überlassen worden war. Die Kreditkarte war auch limitiert, sodass die Haushaltshilfe nicht mehr ausgeben konnte. „Inhalt der Vereinbarung mit dem Verstorbenen war gerade nicht eine Fürsorge für dessen Vermögensinteressen, sondern gerade dessen Vermögensminderung bis zur Höhe des Kreditkartenlimits von 5.000 Euro“ im Monat.
Hinweis:
Das OLG Hamm wies aber auf eine frühere Entscheidung hin, wo dies anders war: Wenn eine Kontovollmacht erteilt wird, damit von der Haushaltshilfe Geldbeträge zur angemessenen Lebensführung des späteren Erblassers zu dessen Lebzeiten abgehoben werden können und hebt die Haushaltshilfe nach dem Tod des Kontoinhabers Geld ab, dann ist darin eine Untreue im strafrechtlichen Sinne zu sehen.
Oberlandesgericht (OLG) Hamm Urteil vom 12.3.2015 (Az.: 1 RVs 15/15)