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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 26. August 2016

Kann ich den Notar, der mein Testament beurkundet, zu meinem Testamentsvollstrecker machen?

(dpa/red). Beurkundet ein Notar für einen Mandanten eine Willenserklärung, so ist diese durch Gesetz unwirksam, wenn dem Notar, seinem Ehegatten oder den näheren Verwandten dadurch ein rechtlicher Vorteil verschafft wird. Dies gilt nach dem Beurkundungsgesetz ausdrücklich auch dann, wenn der Notar oder seine Angehörigen in einer Verfügung von Todes wegen bedacht oder zum Testamentsvollstrecker ernannt werden. Was kann der Erblasser tun, damit dennoch der Notar seines Vertrauens nicht nur das Testament errichten, sondern auch Testamentsvollstrecker werden kann? Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts (OLG) in Bremen.

 

Der Fall

Eine Frau errichtet vor einem Notar eine letztwillige Verfügung; für ihre Erben wird eine Testamentsvollstreckung angeordnet. Zudem ordnet sie an, dass sie die Person des Testamentsvollstreckers in einer gesonderten handschriftlichen Niederschrift bestimmen und diese in einem verschlossenen Umschlag dem beurkundenden Notar übergeben wird. Dieser Umschlag soll zusammen mit der letztwilligen Verfügung in die amtliche Verwahrung des Amtsgerichts gegeben werden. In einem mit der Aufschrift „Testamentsvollstreckung“ versehenen und verschlossenen Briefumschlag befindet sich ihre Anordnung, dass der gleiche Notar zum Testamentsvollstrecker ernannt werden soll. Erst als nach ihrem Tod ihr Testament aus der amtlichen Verwahrung genommen und eröffnet wird, erfährt der Notar von seiner Aufgabe der Testamentsvollstreckung. Seinen daraufhin gestellten Antrag, ihm ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen, weist das Nachlassgericht zurück.

 

Wie weit geht die notarielle Urkundstätigkeit?

Eine Beschwerde des Notars vor dem Hanseatischen OLG in Bremen hat Erfolg: Zwar schließt das Beurkundungsgesetz den Notar grundsätzlich insoweit von der Mitwirkung an der Beurkundung einer letztwilligen Verfügung aus, als der beurkundende Notar darin zum Testamentsvollstrecker des Erblassers ernannt wird. Dieser Ausschluss kommt aber nur dann zum Tragen, wenn die entsprechende Willenserklärung des Erblassers Bestandteil einer Urkundstätigkeit des Notars geworden ist. Eine unmittelbare Mitwirkung des Notars im Sinne einer beurkundenden Tätigkeit an der Erstellung der privatschriftlichen Verfügung durch die Erblasserin liegt aber hier gerade nicht vor. Denn nach dem Gesetz wird zur Niederschrift eines Notars ein Testament errichtet, indem der Erblasser dem Notar seinen letzten Willen erklärt oder ihm eine Schrift mit der Erklärung übergibt, dass die Schrift seinen letzten Willen enthalte. Ausweislich des Wortlautes des Testamentes kündigt die Erblasserin aber nur die Abfassung und – spätere – Übergabe einer entsprechenden privatschriftlichen Verfügung an. Damit erfolgte die Übergabe außerhalb der notariellen Beurkundung, sodass sich auch die Beweiswirkung der öffentlichen Urkunde nicht auf den Vorgang der Übergabe des separaten Briefes erstrecken kann. Damit fehlt es am Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzung, dass dem Notar bei der Urkundstätigkeit der letzte Wille des Testierenden erklärt wird oder dieser dem Notar ein fertiges Testament übergibt.

 

Auch, wenn die Übergabe mit der Testamentserrichtung zusammenfällt

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die verschlossene privatschriftliche letztwillige Verfügung dem Notar unmittelbar im Anschluss an die Beurkundung übergeben, von ihm mittels Büroklammer mit dem Erbvertrag verbunden und sodann in einem gemeinsamen Umschlag in die gerichtliche Verwahrung gegeben wurde. Gerade in zeitlicher Hinsicht lässt sich kaum ein praktischer Abgrenzungsmaßstab finden, der eine sichere Einschätzung zuließe, ob sich der Wille des Erblassers autonom oder unter dem nachwirkenden Einfluss des Notars gebildet hat.

 

Manchmal ändert sich auch die Rechtsprechung

Interessant ist zudem, dass das gleiche Hanseatische OLG in Bremen – allerdings in anderer Besetzung – nur 6 Monate zuvor in einem gleich gelagerten Fall, in seinem Urteil vom 24. September 2015 (AZ: 5 W 23/15) genau anders entschieden hat. Das Gericht hält ausdrücklich nunmehr an seiner vorherigen Auffassung nicht mehr fest.

 

Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen vom 10. März 2016 (AZ: 5 W 40/15)