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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 1. Oktober 2015

Keine beschränkte Erbenhaftung bei Nutzung des Nachlasses

(dpa/red). Nimmt ein Erbe die Erbschaft an, so haftet er auch mit seinem Vermögen für die Schulden des Erblassers. Wenn der Nachlass die Schulden nicht deckt, kann der Erblasser sich hiergegen schützen, indem er gegenüber den Gläubigern des Erblassers die sogenannte Dürftigkeitseinrede erhebt. Dann haftet nur noch der Nachlass des Erblassers für dessen Schulden. Haftet der Erbe aber auch dann nicht, wenn er längere Zeit zunächst Nutzen aus dem Nachlass zog und erst dann die Dürftigkeitseinrede erhebt? Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Amtsgerichts Köln.

 

Der Fall

Der Erblasser hatte bei einer Bank ein Darlehen zum Kauf eines Autos aufgenommen. Nach dessen Tod zahlte die Erbin aus ihrem Vermögen die Darlehensraten an die Bank. Da nach 3 Jahren die Erbin auf Anfrage der Bank nicht in den Darlehensvertrag eintreten wollte, kündigte die Bank den Vertrag auf und die Erbin gab ihr den Wagen zurück; der Wagen wurde von der Bank verwertet und eine Schlussabrechnung erstellt. Die Erbin sollte an die Bank einen verbleibenden Betrag in Höhe von rund 4.500,00 EUR zahlen. Weil aus dem Nachlass dieser Betrag nicht gezahlt werden konnte, ließ die Erbin ein notarielles Inventar über den Nachlass errichten und erhob die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses.

 

Entweder ganz oder gar nicht

Das AG Köln entschied, dass die Erbin mit ihrem eigenen Vermögen die Schlussabrechnung begleichen muss, weil sie den Wagen genutzt hat und die Darlehensraten über 3 Jahre aus ihrem eigenen Vermögen bestritten hat, ohne das Erbe auszuschlagen, seine Annahme anzufechten oder sich frühzeitig auf die Dürftigkeit des Nachlasses zu berufen. Aus dem vorgelegten notariellen Inventar des Nachlasses wird ersichtlich, dass die Erbin sehr bald nach dem Erbfall bewusst gewesen sein muss, dass sich die Darlehensverbindlichkeiten nicht aus dem Nachlass würden bestreiten lassen, da das Kontoguthaben gerade ausreichte die Beerdigungskosten zu decken. Zudem hat sie durch die fortdauernde Nutzung des Fahrzeugs – statt das Fahrzeug stehen zu lassen oder es der Bank zur Rücknahme anzubieten – nach außen zu erkennen gegeben, dass sie selbst über die Verwendung des Fahrzeuges in ihrem Interesse entscheiden will. Mit dieser Nutzung hat sie auch aktiv auf den Darlehensvertrag eingewirkt, in dem sie durch Abnutzung und gegebenenfalls Beschädigung des Fahrzeuges auf dessen Verkaufswert Einfluss nahm.

 

Amtsgericht Köln, Beschluss vom 17. August 2015 (AZ: 142 C 327/14)