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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 15. August 2018

Keine Pfändung von Erbteilen oder Pflichtteilsansprüchen vor Eintritt des Erbfalls

(dpa/tmn). Auch wer die Ansprüche gegen seine Schuldner titulieren lässt, kommt dann nicht zu seinem Geld, wenn der Schuldner kein pfändbares Vermögen hat. In Zeiten der Generation der Erben liegt die Idee nahe, die künftige Erbschaft zu pfänden. Dieses Vorhaben ist aber zum Scheitern verurteilt.

Der Fall

Ein Mann hat Schulden in Höhe von knapp 70.000,00 Euro. Hierüber hat seine Gläubigerin einen Titel erwirkt. Aus diesem will sie in die Ansprüche des Mannes auf Zahlung des Pflichtteils bzw. aus seinem Erbteil im Fall des Versterbens seiner (noch lebenden) Eltern und/oder seiner Ehefrau vollstrecken.

Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, noch nicht entstandene zukünftige Forderungen unterlägen der Pfändung nur dann, wenn bereits eine rechtliche Grundlage vorhanden sei. Reine Hoffnungen und Erwartungen könnten noch nicht gepfändet werden. Bei allen Ansprüchen, die die Klägerin pfänden wolle, fehle es bisher an einer rechtlichen Grundlage.

Pfändung von künftigen oder bedingten Ansprüchen möglich

Zu Recht entschieden die Richter: Eine Pfändung von Erbteilen oder Pflichtteilsansprüchen ist vor Eintritt des Erbfalls nicht zulässig. Zwar können künftige, auch bedingte, Forderungen durchaus gepfändet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich der Beschluss auf ein künftiges Recht des Schuldners bezieht, welches als solches identifizierbar ist. Es muss nach seiner Rechtsqualität und der Person des Drittschuldners aufgrund einer Rechtsbeziehung bestimmbar, sein, die zum Zeitpunkt der Pfändung bereits besteht. Diese Voraussetzung ist insbesondere bei noch nicht zum Entstehen gelangten Forderungen unverzichtbar. Für zulässig gehalten wird die Pfändung von Forderungen aus Kontokorrentverhältnissen, Ansprüchen auf Provision aus künftig abzuschließenden Geschäften, Forderungen aus künftigen Warenlieferungen und Dienstleistungen, wenn ihnen bestimmte Rechtsbeziehungen zwischen Schuldner und Drittschuldner zugrunde liegen. Ist dagegen die Person des Drittschuldners ungewiss, fehlt es an der erforderlichen pfändungsrechtlichen Bestimmbarkeit.

Aber: Keine Pfändung von bloßen Hoffnungen oder Erwartungen

Solange der Erbfall noch nicht eingetreten ist, handelt es sich bei den hier gepfändeten Ansprüchen nur um bloße Hoffnungen oder Erwartungen, die nicht gepfändet werden können. Denn solange der Erbfall noch nicht eingetreten ist, ist die Rechtsbeziehung des Schuldners zu den Erben oder Miterben der von der Gläubigerin in Aussicht genommenen Erblasser unbestimmt. Er kann selbst Mitglied einer Erbengemeinschaft, oder auch Pflichtteilsgläubiger werden, oder auch alleiniger Erbe. Im letzten Fall gäbe es überhaupt keine Drittschuldner, gegen die sich pfändbare Ansprüche richten könnten. Jedenfalls bleibt sowohl bei der beabsichtigten Pfändung des Erbteils, als auch der Pflichtteilsansprüche ungewiss, wer Drittschuldner etwaiger Rechte des Schuldners sein könnte. Es ist unbestimmt und auch nicht bestimmbar, wer die von der Gläubigerin in Aussicht genommenen Erblasser beerben wird. Die gesetzliche Erbfolge nach den Eltern und der Ehefrau des Schuldners steht nicht fest, denn sie kann sich jederzeit durch Ereignisse wie Geburten, Todesfälle, Eheschließungen, Ehescheidungsverfahren oder auch eine Annahme an Kindes statt ändern. Darüber hinaus können die von der Gläubigerin in Aussicht genommenen Erblasser durch letztwillige Verfügungen aber auch von der gesetzlichen Erbfolge abweichende Erbeinsetzungen bereits vorgenommen haben oder künftig jederzeit vornehmen und bereits darüber getroffene Bestimmungen abändern.

Landgericht Trier, Beschluss vom 09.07.2018 (5 T 48/18)