Vom 6. Mai 2020
(dpa/tmn). Setzten sich Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein und ihre Kinder zu Schlusserben sowie eines davon zum Testamentsvollstrecker, so kann ein Ehepartner dies nach dem Tod des anderen nicht mehr abändern. Etwas anderes gilt dann, wenn der überlebende Ehegatte mit sämtlichen Kindern einen abweichenden notariell zu beurkundenden Erbvertrag schließt, in dem sich alle Kinder mit den neuen Verfügungen des überlebenden Ehegatten einverstanden erklären. Denn dieser kann als Zuwendungsverzichtsvertrag ausgelegt werden.
Der Fall
Ehepartner setzen sich in einem gemeinschaftlichen Testament wechselseitig zu Alleinerben und neun ihrer elf Kinder zu ihren Schlusserben ein. Zur Abwicklung ihrer letztwilligen Verfügungen ordneten die Eheleute Testamentsvollstreckung nach dem Tod des letztversterbenden an und bestimmten ihren ältesten Sohn zum Testamentsvollstrecker. Nachdem die Regelung nach dem Tod des Ehemannes bindend geworden war, schloss die Ehefrau mit ihren elf Kindern einen notariellen Erbvertrag, in welchen sie mit ihren Kindern eine „übereinstimmende Neuregelung hinsichtlich des gesamten Nachlasses meines verstorbenen Mannes, aber auch hinsichtlich meines Vermögens“ vereinbarte. Anlässlich dessen setzte die Frau zehn ihrer Kinder zu ihren Erben ein und bestimmte, dass zwei andere Kinder gemeinsam Testamentsvollstrecker werden sollten. Alle Kinder stimmten dem zu. Die neu eingesetzten Kinder beantragen nach dem Tod der Frau ein Testamentsvollstreckerzeugnis, das sie als gemeinschaftliche Testamentsvollstrecker ausweist.
Erbvertrag ist als Zuwendungsverzichtsvertrag auszulegen
Das Testamentsvollstreckerzeugnis ist antragsgemäß zu erteilen, entscheiden die Richter. Denn die Antragsteller sind in dem nach dem Tod des Ehemannes erstellten Erbvertrag wirksam zu gemeinschaftlichen Testamentsvollstreckern bestellt worden. Soweit die Erblasserin bereits in dem gemeinschaftlich mit ihrem vorverstorbenen Ehemann errichteten notariellen Testament Testamentsvollstreckung angeordnet und ein anderes Kind zum alleinigen Testamentsvollstrecker bestimmt hatte, steht dies der Wirksamkeit der Bestellung anderer Kinder zu gemeinschaftlichen Testamentsvollstreckern im Erbvertrag nicht entgegen, weil alle Kinder sich damit einverstanden erklärt haben. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass die in einem – durch den Tod eines Ehegatten – bindend gewordenen gemeinschaftlichen Testament eingesetzten Schlusserben mit dem längstlebenden Ehegatten und künftigen Erben durch Vertrag nach § 2352 BGB auf eine Zuwendung verzichten und darüber hinaus Beschränkungen und Beschwerungen – wie eine inhaltlich abweichende Testamentsvollstreckung – zulassen können. Auch wenn der hiesige Erbvertrag keinen ausdrücklichen Zuwendungsverzicht enthält, sind die dortigen Erklärung entsprechend auszulegen. Dass dieses Einvernehmen nun nicht mehr vorhanden ist, spielt in rechtlicher Hinsicht keine Rolle, da es insoweit auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ankommt.
Amtsgericht (AG) Wiesbaden, Beschl. v. 21.5.2019 (417 VI 1875/18 G)