Vom 29. März 2012
An den Nachweis, dass jemand Erbe ist, sind strenge Voraussetzungen geknüpft. Üblicherweise muss das Testament im Original vorliegen. Ist dies nicht der Fall, kann der Wille des Erblassers jedoch auch anders nachgewiesen werden. Gegebenenfalls kann auch eine Kopie des Testaments reichen, entschied das Oberlandesgericht Naumburg.
Ein unauffindbares Originaltestament bedeutet nicht unbedingt, dass der Erblasser dieses vernichtet hat und somit die Erbfolge ändern wollte. Den Widerruf eines Testaments durch Vernichtung der Originalurkunde muss deshalb auch derjenige beweisen, der sich hierauf bezieht.
Im Übrigen ist der Nachweis, Erbe zu sein, auch noch zehn Jahre nach dem Tod des Erblassers möglich.
Der 2001 verstorbene Erblasser hat keine gesetzlichen Erben hinterlassen. Der Neffe der bereits zuvor verstorbenen Ehefrau des Erblassers reichte beim Nachlassgericht die Ablichtung eines handschriftlichen Testaments ein, nach dem er erben sollte. Das Original konnte nicht gefunden werden.
Das Amtsgericht – Nachlassgericht – wies den Antrag des Neffen auf einen Erbschein zurück. Es stehe nicht zweifelsfrei fest, dass der Verstorbene das Original tatsächlich verfasst habe und der Verlust des Originals nicht auf einen Widerruf des Testaments – etwa durch bewusste Vernichtung durch den Erblasser – zurückzuführen sei.
Die Beschwerde des Neffen gegen diese Entscheidung hatte Erfolg. Der Erblasser habe ihn durch testamentarische Verfügung zum Alleinerben eingesetzt, so das Gericht. Zwar sei zum Nachweis eines testamentarischen Erbrechts grundsätzlich die Urschrift der Urkunde vorzulegen, auf die das Erbrecht gestützt werde. Ist diese Urkunde nicht auffindbar, komme der allgemein anerkannte Grundsatz zum Tragen, dass es die Gültigkeit eines Testaments nicht berühre, wenn die Urkunde ohne Willen und Zutun des Erblassers vernichtet worden, verloren gegangen oder aus anderen Gründen nicht auffindbar sei. In so einem Fall könnten Errichtung und Inhalt des Testaments mit allen zulässigen Beweismitteln, auch durch Vorlage einer Kopie, bewiesen werden. An den Nachweis seien allerdings strenge Anforderungen zu stellen.
Im vorliegenden Fall habe der Neffe die Ablichtung eines Testaments des Erblassers vorgelegt. Aufgrund der eingehenden Vernehmung seiner Ehefrau als Zeugin sei das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Erblasser ein Originaltestament mit dem aus der Kopie ersichtlichen Inhalt rechtlich einwandfrei aufgesetzt habe. Zwar habe die Ehefrau ein eigenes Interesse daran, dass ihr Mann erbe, doch sei im vorliegenden Fall ausschlaggebend, dass sie sich detailliert an die Errichtung des Testaments ohne grundlegende Widersprüche habe erinnern können.
Beschluss des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. März 2012 (AZ: 2 Wx 60/11)