Vom 17. Juli 2014
(dpa/red). Erbrechtsstreitigkeiten vor Gerichten auszutragen, kostet viel Zeit und Geld, insbesondere, wenn es über mehrere Instanzen geht und am Ende ist selten der Familienfriede (wieder) hergestellt. Um dem vorzubeugen, kann der Erblasser in seinem Testament die am Nachlass Beteiligten an ein Schiedsgericht verweisen. Doch bei Pflichtteilsansprüchen ist dies nicht zulässig.
Um Streit über seinen Nachlass zwischen seinen Nachkommen möglichst gering zu halten, kann der Erblasser diese testamentarisch zwingend an ein Schiedsgericht verweisen. Ein von solchen nicht-staatlichen Gerichten ausgesprochener Schiedsspruch ist für die Parteien in der Regel bindend und kann von den ordentlichen Gerichten für vollstreckbar erklärt werden. Da eine Berufungs- bzw. Revisionsinstanz fehlt, liegt ein bindendes Ergebnis somit meistens schneller und kostengünstiger vor. Die Anordnung des Erblassers ist jedoch nicht für jeden Streit gültig:
Die verwitwete Erblasserin hatte in ihrem notariellen Testament lediglich 2 von ihren 5 Kindern zu Alleinerben eingesetzt; die weiteren 3 Kinder erwähnte sie nicht. Zudem ordnete sie an, dass alle Streitigkeiten, die durch ihren Erbfall hervorgerufen würden, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte den Schiedsgerichten eines hierauf spezialisierten Vereins unterworfen sein sollten. 5 Monate später verstarb die Erblasserin, woraufhin ein im Testament nicht erwähntes Kind gegenüber den erbenden Geschwistern vor dem Landgericht Auskunft über das Vermögen der Mutter einklagte, um damit seinen Pflichtteilsanspruch beziffern zu können. Die beklagten Erben verwiesen auf die testamentarische Schiedsklausel, meinten das angerufene (ordentliche) Gericht sei deshalb nicht zuständig und die Klage daher abzuweisen.
Das Landgericht Heidelberg hat entschieden, dass aufgrund einer letztwilligen Schiedsklausel nicht jede mit einem Nachlass verbundene Streitigkeit von einem Schiedsgericht entschieden werden könne: Beantragt etwa wie hier der Pflichtteilsberechtigte Auskunft über den Wert des Nachlasses vor einem staatlichen Gericht, müsse von diesem Gericht hierüber entschieden werden. Gegen die Möglichkeit des Erblassers, auch Ansprüche im Zusammenhang mit dem Pflichtteil zwingend einer Schiedsgerichtsbarkeit zu unterwerfen, spräche, dass der Erblasser dadurch das vom Grundgesetz geschützte Pflichtteilsrecht entwerten könnte. Dies gelte im besonderen Maße, wenn der Erblasser glaube, die von ihm ausgesuchte Schiedsstelle sei ideologisch gefärbt, z.B. pflichtteilsfeindlich eingestellt.
Was der Pflichtteilsberechtigte als solcher vor den Erben geltend macht, etwa Auskunft über den Wert des Nachlasses oder die Auszahlung des Pflichtteilsanspruches, kann nicht durch eine testamentarische Bestimmung des Erblassers zwingend und gegen seinen Willen einem privatrechtlichen Schiedsgericht unterworfen werden. Dem Pflichtteilsberechtigte bleibt es aber unbenommen, sich im Einvernehmen mit den Erben einem solchen Gericht unterwerfen.
Landgericht Heidelberg am 22. Oktober 2013 (AZ: 2 O 128/13)