Vom 13. März 2012
Schlagen Eltern für einige ihrer Kinder eine Erbschaft aus, für andere jedoch nicht, ist hierfür eine familiengerichtliche Genehmigung notwendig. Die Verstorbene wurde von ihrem Ehemann und ihren sieben Kindern beerbt. Die Kinder schlugen bis auf eine Ausnahme für sich und die jeweiligen Enkel die Erbschaft aus, weil der Nachlass zunächst überschuldet zu sein schien. Ein Sohn und seine Frau nahmen die Erbschaft für eines ihrer vier Kinder an. Der vom Gericht entsprechend erteilte Erbschein wies den Ehemann der Verstorbenen und das eine Enkelkind je zur Hälfte als Erben aus.
Der betreffende Sohn focht dann seine eigene Erbausschlagung ebenso wie die für drei seiner Kinder an. Sie seien irrtümlich von einer Überschuldung des Nachlasses ausgegangen. Erst durch die Vermögensaufstellung der Erbengemeinschaft habe sich herausgestellt, dass die angenommenen Verbindlichkeiten wesentlich geringer gewesen seien. Der Mann beantragte die Einziehung – also Rücknahme – des Erbscheins. Dies begründete er unter anderem auch damit, dass für die Erbausschlagung seiner drei Kinder keine familiengerichtliche Genehmigung vorgelegen habe.
Der Einziehungsantrag sei berechtigt, da der Erbschein unrichtig gewesen sei, entschieden die Richter. In der Tat hätte das Familiengericht die Erbausschlagung des Vaters für drei seiner vier Kinder genehmigen müssen. Wenn Eltern eine Erbschaft ausschlügen, könne man im allgemeinen davon ausgehen, dass diese auch für das Kind nachteilig gewesen wäre. Im vorliegenden Fall greife jedoch die Vermutung nicht, dass die Ausschlagung zur Nachteilsvermeidung für die Kinder erfolgt sei, da der Vater den Nachlass für ein Kind nicht ausgeschlagen habe. Die Eltern wollten die Erbschaft somit nicht generell von den Kindern fernhalten, sondern durch die Annahme für ein Kind in eine bestimmte Richtung lenken. Eine solche gezielte Maßnahme, die einen Teil der Kinder benachteilige, einen anderen Teil dagegen begünstige, solle nicht der Kontrolle des Familiengerichts entzogen werden.
Über die Anfechtung der Erbausschlagung entschied das Gericht nicht. Die zur Begründung des Erbscheinsantrags erforderlichen Tatsachen seien nicht länger gegeben. Es erscheine nämlich ausgeschlossen, dass das Familiengericht die Genehmigung zu einer solchen selektiven Erbausschlagung erteile.
Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 13. März 2012 (AZ: W 747/11)