Vom 11. Februar 2016
(dpa/red). Häufig wird darüber gestritten, ob ein eigenhändig geschriebenes Testament tatsächlich vom Erblasser stammt. Der Nachweis über die Echtheit lässt sich aber nur durch einen Vergleich mit anderen Schriftstücken des Erblassers erbringen. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe.
Die Erblasserin errichtete 2010 ein notarielles Testament, worin sie ihre einzige Tochter zu zwei Dritteln sowie zwei Enkel zu jeweils einem Sechstel bedachte. Nach ihrem Tod wurde ein handschriftliches Testament dem Nachlassgericht vorgelegt, wonach das notarielle Testament kurz vor ihrem Tod widerrufen sein sollte und nur die Tochter und eine Enkelin erben sollten. Von Familienangehörigen wurde aber bezweifelt, ob das handschriftliche Testament von der Erblasserin stammte, weil sich die Unterschrift auf dem Testament von der Unterschrift einer Vorsorgevollmacht deutlich erkennbar unterschied.
Das in zweiter Instanz angerufene OLG Karlsruhe bemängelte an der Vorgehensweise zur Feststellung der Echtheit des Testamentes des erstinstanzlichen Nachlassgerichts, dass es nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat.
So wurden die Beteiligten des Verfahrens schon nicht dazu angehört, ob sie etwas über die Entstehung des Testaments wussten. Diese hätten aussagen können, ob sie die Erblasserin bei der Abfassung gesehen haben oder ob die Erblasserin ihre Absicht, ein weiteres Testament zu errichten, irgendjemanden mitgeteilt hat. Zwar wurde ein Sachverständiger beauftragt, die Echtheit der fraglichen Unterschrift festzustellen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass diesem Vergleichsmaterial zur Verfügung gestellt wird, von dem gesichert ist, dass es von der Erblasserin stammt. Nach der Aussage von Zeugen hat die 85-jährige Erblasserin schriftliche Arbeiten nicht selbst erledigt, sondern dies ihrem kurz vor ihr verstorbenen Lebensgefährten übertragen. Das Nachlassgericht hätte daraufhin besonders sorgfältig prüfen müssen, ob die zum Vergleich eingereichten Schriftproben tatsächlich von der Erblasserin stammten.
Nur solche Proben sind dem Sachverständigen vorzulegen, deren Authentizität gesichert ist. Die Beteiligten des Verfahrens hätten über die Vergleichsstücke aber wiederum gehört werden müssen. Auch hätten eventuell weitere Zeugen und Indizienbeweise zur Urheberschaft erhoben werden müssen; dies insbesondere, wenn es nur wenige potentielle Vergleichsproben gibt. Des Weiteren hatte das Nachlassgericht dem Sachverständigen von den Vergleichstexten, die für eine Schriftuntersuchung besondere Bedeutung zukamen, ganz überwiegend nur Ablichtungen übermittelt. Hier wäre es geboten gewesen, den Versuch der Beschaffung von Originalen zu unternehmen. Das OLG gab das Verfahren zurück an das Nachlassgericht, weil deren Ermittlungen nicht nur in einzelnen Punkten der Ergänzung bedurften, sondern eine umfassende Ersterhebung von Beweisen erforderlich war. Das Ergebnis, ob das Testament echt ist, war nach der Entscheidung des OLG damit wieder völlig offen.
Oberlandesgericht Karlsruhe am 10. Juni 2015 (AZ: 11 Wx 33/15).