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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 29. August 2015

Testamentsvollstrecker kann Grundstück für Nachlass, den er für Minderjährigen verwaltet, ohne familiengerichtliche Genehmigung erwerben

(dpa/red). Auch Minderjährige können erben. Zu ihrem Schutz wird ihr Nachlass oftmals unter Testamentsvollstreckung gestellt. Doch wie weit reichen die Befugnisse des Testamentsvollstreckers bei der Verwaltung des Nachlasses? Wo kann er allein agieren und wo ist er von der Genehmigung des Familiengerichtes abhängig? Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe.

 

Der Fall

Ein Minderjähriger wird Erbe. Sein Erbe steht unter der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers. Der Testamentsvollstrecker kauft für den minderjährigen Erben eine Eigentumswohnung. Die Mutter des Erben stimmt dem Ankauf der Eigentumswohnung zu. Das Grundbuchamt verlangt zusätzlich die Vorlage einer familiengerichtlichen Genehmigung. Begründung: Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folge, dass verhindert werden müsse, dass Minderjährige mit Verbindlichkeiten belastet in die Volljährigkeit gingen.

 

Der Erbe legt hiergegen Beschwerde ein. Schließlich habe der Testamentsvollstrecker und nicht der minderjährige Erbe die Eigentumswohnung erworben. Diese sei im Übrigen vollständig aus dem Nachlass bezahlt worden. Sie werde auch künftig vom Testamentsvollstrecker verwaltet.

 

Die Entscheidung

Das Beschwerdegericht gab dem Erben Recht; der Vollzug des Kaufvertrages kann von einer familiengerichtlichen Genehmigung des Geschäfts nicht abhängig gemacht werden. Eine Genehmigungsbedürftigkeit bestehe weder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des Grundstückserwerbs durch einen Minderjährigen noch unter demjenigen einer Überschreitung der Verpflichtungsermächtigung des Testamentsvollstreckers.

 

Das Gesetz sieht zwar in bestimmten Fällen eine familiengerichtliche Genehmigung vor. Dies betrifft aber nur den Kaufvertrag, nicht aber dessen Vollzug im Grundbuch. Die entsprechenden Regelung gelten darüber hinaus nur, wenn ein Vormund oder in bestimmten Fällen ein Elternteil für den Minderjährigen handelt, nicht aber, wenn der betroffene Vermögensgegenstand einer anderweitigen Verwaltung – wie etwa durch einen Testamentsvollstrecker – unterliegt. Diese Einschätzung entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.

 

Auch der vom Grundbuchamt angesprochene Grundsatz des effektiven Minderjährigenschutzes rechtfertige keine andere Beurteilung. Zwar trifft es zu, dass Handlungen eines Testamentsvollstreckers dazu führen können, dass der zunächst minderjährige Erbe bei Erreichen der Volljährigkeit mit Verbindlichkeiten belastet sein wird, denen weder er noch mit Billigung des Familiengerichts seine Eltern zugestimmt haben. So fallen etwa bei der hier in Rede stehenden Erwerb einer Eigentumswohnung laufend Wohngeldschulden an. Insoweit sehen aber die Regelungen über die Testamentsvollstreckung hinreichend Schutz vor, als sie dem Testamentsvollstrecker nur erlauben, berechtigt eingegangene Verbindlichkeit auf die Erben zu überbürden; im Übrigen bleibt die Möglichkeit, die Haftung auf den Nachlass zu beschränken.

 

Der angesprochenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts habe die Erwägung zugrunde gelegen, dass der Start des Minderjährigen in die Volljährigkeit unzumutbar belastet werde, wenn es den Eltern gestattet werde, ohne eine Haftungsbegrenzung und ohne einen Schutz durch gerichtliche Genehmigung Verbindlichkeiten zu begründen. Im Falle der Testamentsvollstreckung liegt es indes so, dass Verbindlichkeiten für den Erben von vornherein nur im Rahmen der vom Gesetz zugelassenen Möglichkeiten eingegangen werden dürfen.

 

Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe vom 1.6.2015 (Az.: 11 Wx 29/15)