Vom 16. Dezember 2020
dpa/tmn). Wird der in einem privatschriftlichen Testament eingesetzte Alleinerbe vom Erblasser mit dem nicht unterschriebenen Vermerk „Wird noch genannt.“ durchgestrichen, führt dies zum Eintritt der gesetzlichen Erbfolge, wenn entgegen der Ankündigung eine Erbeinsetzung später nicht mehr letztwillig verfügt wurde.
Der Fall
Eine Frau verstirbt verwitwet und kinderlos; ihre Eltern sind bereits verstorben. In der Wohnung der Frau wird ein handschriftliches Testament gefunden, in dem sie einen gemeinnützigen Verein zum Alleinerben einsetzt. Später streicht die Frau den genannten Verein durch und notiert nach den Worten „Zu meinem Erben setzte ich ein:“ „wird noch genannt, [Datum]“. Die einzige Schwester beantragt einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweist. Der ursprünglich zum Alleinerben eingesetzte Verein tritt dem entgegengetreten. Die Änderung des Testaments erkenne er nicht an, da nur das Datum der Änderung, nicht aber der Ort angegeben sei und die Änderung auch nicht mit Vor- und Zunamen unterschrieben sei.
Eine weitere Unterschrift unter der Streichung ist nicht erforderlich.
Zu Unrecht, urteilen die Richter. Die Schwester ist Alleinerbin. Denn die Alleinerbeneinsetzung des Vereins sei durch die Streichung wirksam widerrufen. Da die Erblasserin entgegen ihrer kundgetanen Absicht keinen neuen Erben eingesetzt hat, sei gesetzliche Erbfolge eingetreten. Hiernach aber sei die Schwester Alleinerbin. Der Erblasser kann ein Testament jederzeit eigenhändig ergänzen, auch nur durch Streichungen. Zwar müssten Zusätze oder Nachträge unterschrieben sein, bloße Streichungen hingegen nicht, da sie sich auf den Widerruf des Gestrichenen, hier der Erbeinsetzung, beschränken. Da die Erblasserin infolge der Streichung keinen Erben eingesetzt hat, greift die gesetzliche Erbfolge.
Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart Beschluss vom 25.3.2020 (8 W 104/19)