Vom 27. Februar 2014
(dpa/red). Es gibt verschiedene Möglichkeiten, seinen Nachkommen oder anderen Personen etwas aus seinem Nachlass zukommen zu lassen. Neben Geschenken oder dem klassischen Erbe kommt auch ein Vermächtnis oder ein Schenkungsversprechen in Betracht. Wird in einem Testament bestimmt, wer welche Gegenstände oder Immobilien bekommen soll, spricht man von einem Vermächtnis. Werden diese Dinge aber vor dem Erbfall einem anderen geschenkt, kann der testamentarisch Bedachte nur unter besonderen Voraussetzungen die Herausgabe von dem Beschenkten verlangen. So entschied das Oberlandesgericht Hamm.
Die in den Jahren 1920 und 1929 geborenen Eheleute waren Eigentümer eines Doppelhausgrundstücks und Eltern zweier im Jahre 1951 und 1953 geborener Töchter. Im Jahre 1990 übertrugen sie der älteren Tochter eine Haushälfte und legten in einem gemeinschaftlichen Testament fest, dass die andere, noch von ihnen bewohnte Haushälfte nach dem Tode des Letztversterbenden ihrer jüngeren Tochter zustehen sollte. Der Ehemann starb 1990. Die Ehefrau erbte allein. Diese wiederum übertrug im Jahre 1993 – nach einem Zerwürfnis mit ihrer jüngeren Tochter – die von ihr weiterhin bewohnte Haushälfte ohne Gegenleistung ihrem Enkel, einem Sohn ihrer älteren Tochter. Sie begründete die Übertragung mit tätlichen Angriffen der Tochter auf sie und erklärte, dass sie ihr auch das Pflichtteilsrecht entziehe.
Nach dem Tode der Ehefrau verlangte die Klägerin von dem Sohn ihrer Schwester die Übertragung und Herausgabe der Haushälfte. Ihre Mutter habe ihrem Enkel die Haushälfte nur deshalb geschenkt, um sie zu schädigen.
Die Klägerin verlor in zwei Instanzen. Sie habe keinen Anspruch auf Übertragung des Grundbesitzes und Herausgabe der Haushälfte. Zwar habe die von einem Erblasser zu seinen Lebzeiten beschenkte Person ihr Geschenk unter Umständen nach Eintritt des Erbfalls an den späteren Vertragserben bzw. den im Testament bestimmten Schlusserben oder an den Vermächtnisnehmer herauszugeben. Das gelte aber nur unter der Voraussetzung, dass der Erblasser die Schenkung in der Absicht vorgenommen habe, den späteren Erben oder Vermächtnisnehmer zu beeinträchtigen. Diese Voraussetzung könne aber im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Und das gelte unabhängig von der Frage, ob die Mutter als Alleinerbin ihres Mannes selbst über das Erbe verfügen könne.
Oberlandesgericht Hamm am 9. Januar 2014 (AZ: 10 U 10/13)