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Aktuelle Rechtstipps

Vom 17. März 2011

Vermächtnisnehmer hat Anspruch auf Kopie des Testaments

Wer einTestament aufsetzt, kann Erben bestimmen und somit etwas vererben oder aber auch anderen etwas vermachen. Dadurch entsteht das so genannte Vermächtnis. Im Gegensatz zum Erbe ist ein Vermächtnis die vom Erblasser durch Testament oder Erbvertrag angeordnete Zuwendung eines konkreten Vermögensvorteils. Der Bedachte (Vermächtnisnehmer) wird allerdings nicht Erbe.
Während ein Erbe auc hals Gesamtsrechtsnachfolger in die Rechtsstellung des Erblassers einrückt,entsteht für den Vermächtnisnehmer nur ein Anspruch gegenüber dem Erben auf die Erfüllung des Vermächtnisses. Häufig werden aus der Erbmasse Gegenstände wie etwa Schmuck vermacht. Der Vermächtnisnehmer hat nicht nur den Anspruch gegen die Erben, dass ihm die Dinge übergeben werden, sondern er darf auch Einsicht in die Nachlassakte nehmen und sogar eine Kopie anfertigen. Dies hat das Kammergericht Berlin jetzt entschieden. Eine Erblasserin hatte notariell verfügt, dass der Antragstellerin ihr gesamterSchmuck nebst Pelzen als Vermächtnis zustehen sollte. In einem handschriftlichen Testament wiederholte sie ihre Anordnung. Sie hinterließ insgesamt sechs Testamente.

Die Vermächtnisnehmerin forderte von der Erbin nun die Herausgabe der vermachten Gegenstände. Die Erbin hingegen behauptete, dasVermächtnis sei durch eine der späteren Verfügungen widerrufen worden. Die daraufhin beantragte Akteneinsicht gewährte das Gericht, nicht hingegen die Fertigung von Ablichtungen aus der Nachlassakte. Diesen Antrag wies das Nachlassgericht zurück. Hiergegen legte die Vermächtnisnehmerin mit Erfolg Beschwerde ein. Sie habe ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse daran, Einsicht in die Akte zu nehmen,so die Richter.

Das Recht zur Akteneinsicht folge aus der Vermächtnisstellung.Da die Erbin behaupte, das Vermächtnis sei widerrufen worden, habe die Vermächtnisnehmerin auch ein rechtliches Interesse. Um die Ansprüche zu prüfen,benötige sie die Einsichtnahme in die bei den Akten liegenden letztwilligen Verfügungen. Da ihr das Recht zur Akteneinsicht zustehe, habe sie auch einen Anspruch auf Fertigung von Kopien.

Beschluss des Kammergerichts Berlin vom 17. März 2011 (AZ: 1 W 457/10)