Vom 16. August 2021
(dpa/tmn). Wenn die gemeinsamen Kinder als Nacherben nachrücken, weil der überlebende Elternteil aufgrund einer Wiederverheiratung seine Stellung als Vorerbe verliert, so ist das Grundbuch auf die gemeinsamen Kinder zu berichtigen, wenn sich im Nachlass ein Grundstück befindet. In diesem Fall muss das einzige gemeinsame Kind seine Stellung als Nacherbe dem Grundbuchamt gegenüber beweisen. Im Grundbuchverfahren sind nur bestimmte Beweismittel zugelassen wie öffentliche Urkunden und ggf. auch eidesstattliche Versicherungen. Heiratsurkunde des überlebenden Elternteils ist eine solche öffentliche Urkunde. Doch wie weist man nach, das einzige gemeinsame Kind zu sein? Durch eidesstattliche Versicherung? Ja, aber nur, wenn diese vom Vater abgegeben wird.
Der Fall
Ein Ehepaar errichtet vor einem Notar ein gemeinschaftliches Testament. Hierin setzen sie sich gegenseitig zu sog. „Vorerben“ ein. „Nacherben“ des Erstversterbenden und Erben des Längstlebenden sollen die „gemeinschaftlichen Abkömmlinge“ zu gleichen Teilen sein, wobei der Nacherbfall beim Tod des Vorerben „und, sofern gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden sind, auch bei einer Wiederverheiratung des Vorerben“ eintritt. Die Ehefrau war Eigentümerin einer Immobilie Als sie verstirbt, wird ihr Mann als ihr Vorerbe im Grundbuch eingetragen. Als dieser erneut heiratet, beantragt die einzige gemeinsame Tochter, als alleinige Nacherbin in das Grundbuch eingetragen zu werden. Dabei versichert sie an Eides statt, der einzige gemeinschaftliche Abkömmling der Eheleute zu sein. Das Grundbuchamt verlangt einen Erbschein der Tochter nach der Mutter.
Nachweis, keine Geschwister zu haben, kann nur durch eidesstattliche Versicherung des noch lebenden Vaters geführt werden
Zu Unrecht, urteilen die Richter. Das Grundbuch ist zu berichtigen, wenn es unrichtig geworden ist. Das ist hier der Fall, da der Mann neu geheiratet hat und damit der Nacherbfall eingetreten ist. Das bedeutet, dass die Tochter als einziger gemeinsamer Abkömmling anstelle des Mannes nunmehr Erbin der Mutter geworden ist. Damit muss sie in das Grundbuch eingetragen werden. Hierzu muss sie allerdings einen ordnungsgemäßen Nachweis beibringen. Gegenüber dem Grundbuchamt ist dies normalerweise nur durch öffentliche Urkunden möglich. Eine solche wäre in der Tat, der vom Grundbuchamt verlangte Erbschein. Stattdessen genügt dem Gesetz aber auch eine öffentliche Urkunde, wie das notarielle gemeinschaftliche Testament der Eltern. Dieses enthält aber nur eine bedingte Erbeinsetzung der Tochter; sie wird nur unter der Bedingung Erbin der Mutter, dass der Vater neu heiratet. Hier hat aber die Tochter den Eintritt der Bedingung „Heirat“ durch Vorlage einer öffentlichen Heiratsurkunde erbracht. Für die Stellung der Beteiligten als Alleinerbin fehlt damit nur noch der Nachweis, dass neben ihr keine weiteren gemeinschaftlichen Abkömmlinge der Eheleute existieren. Hierzu genügt zwar eine Eidesstattliche Versicherung der Tochter selbst nicht, wohl aber eine Eidesstattliche Versicherung ihres Vaters als einzigem überlebenden Elternteil. Kann sie diese beibringen, so hat das Grundbuchamt das Grundbuch zu berichten; anderenfalls muss die Tochter einen Erbschein beim Nachlassgericht beantragen und vorlegen.
Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Beschl. v. 11.3.2021 (20 W 96/20)