Vom 20. April 2022
(dpa/tmn). Kann der Erblasser nicht mehr selbst schreiben und ist ein Notar nicht greifbar, so kann durch ein sog. Nottestament gleichwohl testiert werden. Als solches kommt insbesondere ein sog. Drei-Zeugen-Testament in Betracht. Hierbei kann der Erblasser ein Testament mündlich vor drei Zeugen errichten, wenn diese und der Erblasser dieses sodann unterzeichnen. Trotz pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen ist ein Nottestament nur dann wirksam, wenn während des gesamten Errichtungsaktes gleichzeitig drei Zeugen anwesend sind, § 2250 Abs. 1 BGB.
Der Fall
Ein Mann setzt 2019 mit handschriftlichem Testament drei Personen zu gleichen Anteilen zu seinen Erben ein. Im März 2021 macht er ein weiteres, mit Nottestament überschriebenes Testament, in dem er eine der Personen zu seiner Alleinerbin, die das Testament auch geschrieben hat, einsetzt. Diese, der Erblasser und weitere drei Personen unterschreiben das Testament. Die im Testament von 2021 Benannte hält sich für die Alleinerbin. Der Erblasser habe an einem Wochenende aufgrund einer fortgeschrittenen Krebserkrankung befürchtet, alsbald nicht mehr testieren zu können. Ein Notar sei nicht erreichbar gewesen. Die anderen im Testament von 2019 Bedachten halten das Nottestament für nicht wirksam, da die das Testament mitunterzeichnenden Zeugen bei dessen Errichtung nicht durchgängig gleichzeitig anwesend gewesen seien. Sie hätten die Niederschrift nacheinander und jeweils einzeln dem Erblasser vorgelesen und den Text unterschrieben. Die zur Alleinerbin Eingesetzte hält dies aufgrund der Pandemiebestimmungen nicht für erforderlich.
Anforderungen an Drei-Zeugen-Testament bleiben in Pandemiezeiten unverändert
Zu Unrecht, urteilen die Richter. Auch in Pandemiezeiten, ist ein sog. Drei-Zeugen-Testament als Nottestament nur unter der vom Gesetz aufgestellten Voraussetzung der gleichzeitigen Anwesenheit von drei Zeugen während des gesamten Errichtungsaktes wirksam. Das Gesetz enthalte insoweit eindeutige Muss-Vorschriften, die nicht ausnahmefähig sind. Hierdurch solle eine möglichst klare und unmissverständliche Wiedergabe der Erklärungen des Erblassers dessen letzter Wille sowohl zum Ausdruck als auch zur Geltung gebracht werden soll. Die durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen eingetretene Situation sei keine neue, vom Gesetzgeber nicht bereits in abstrakter Hinsicht bedachte Lage. Es handele sich vielmehr um eine Situation der Absperrung der gesetzlichen Regelung, die der Gesetzgeber so geregelt hat, dass sich der Erblasser an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände derart abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist. Die Absperrung könne verschiedene Ursachen haben, neben Naturereignissen wird beispielsweise auch die Situation einer Quarantäne infolge von Seuchen und ansteckenden Krankheiten unter die entsprechende gesetzliche Vorschrift subsumiert. Nach den vom Gesetzgeber normierten Voraussetzungen müsse aber auch das Absperrungstestament als Dreizeugentestament errichtet werden und ein Verstoß hiergegen führe zur Nichtigkeit des Testaments.
Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschluss vom 6.1.2022 (3 Wx 216/21)