Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses

(dpa/tmn). Ein Europäisches Nachlasszeugnis dient anstelle eines Erbscheins als Erbnachweis in anderen EU-Mitgliedstaaten, sodass Erben sich auch dort auf ihre Rechtposition berufen können. Zuständig für die Ausstellung sind die Gerichte des Landes, in dem der Erblasser zum Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dabei ist auf den tatsächlichen Lebensmittelpunkt des Erblassers abzustellen. Doch wie bestimmt sich dieser?

Deutscher Erblasser mit Nachlass in Frankreich

Die Erben eines in Frankreich verstorbenen Mannes mit deutscher Staatsangehörigkeit beantragen die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses. Zum Nachlass gehört unter anderem auch Grundbesitz in Frankreich. Das Amtsgericht in Deutschland bejaht die eigene internationale Zuständigkeit für die Ausstellung des Europäischen Nachlasszeugnisses.

Tatsächlicher Lebensmittelpunkt ist entscheidend

Zu Recht. Das OLG hat in seiner Entscheidung die Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestätigt. Zuständig sind nach Art. 4 EuErbVO die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dabei sei mittels einer Gesamtbeurteilung der Lebensumstände auf den tatsächlichen Lebensmittelpunkt des Erblassers abzustellen. Wesentliche Faktoren seien Dauer, Regelmäßigkeit und Umstände des Aufenthalts, sowie Staatsangehörigkeit, Sprachkenntnisse, familiäre und soziale Bindungen. Nach Anwendung dieser Grundsätze sei der letzte gewöhnliche Lebensmittelpunkt des Erblassers in Deutschland gewesen. Obwohl dieser in Frankreich wohnhaft war, habe er berufliche, soziale und familiäre Bindungen allein in Deutschland gehabt. Er war in Deutschland auch steuerlich veranlagt und beherrschte ausschließlich die deutsche Sprache. Nach Auffassung des Gerichts befand sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers daher trotz des Wohnhauses in Frankreich weiterhin im Inland, weil es an engeren beruflichen, familiären oder sozialen Beziehungen in Frankreich fehlte.

Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Beschl. v. 29.1.2025 (5 W 50/24)