(dpa/tmn). Vor dem Tod hat niemand Anspruch darauf zu erfahren, welche Testamente auch nahe Angehörige errichtet haben. Erst nach dem Tod werden diese eröffnet und den gesetzlichen Erben sowie den Bedachten bekannt gegeben. Nehmen beide Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament Verfügungen für den Todesfall vor, so werden nach dem Tod des Erstversterbenden grundsätzlich nur dessen Verfügungen eröffnet und die des anderen geschwärzt. Was aber, wenn die Ehegatten schreiben: „Wir ordnen für unseren Todesfall an: …“?
Testamentseröffnung bei Ehegattentestament
Eine verheiratete Frau stirbt. Sie hatte mit ihrem Mann ein notarielles gemeinschaftliches Testament errichtet und in amtliche Verwahrung gegeben. Nach dem Tod der Frau reicht der Witwer der Hinterlegungsschein für das Testament und eine Sterbeurkunde beim Nachlassgericht ein und beantragt, das Testament nur teilweise, nämlich ohne die gemeinsame Verfügung der Eheleute zu eröffnen und bekannt zu geben. Das Nachlassgericht kündigt an, dass es beabsichtige, das notarielle gemeinschaftliche Testament der Eheleute vollständig zu eröffnen und bekannt zu geben.
Testamente in „Wir-Form“ sind vollumfänglich zu eröffnen
Zu Recht, urteilt das Gericht. Das Nachlassgericht beabsichtige zutreffend, das gemeinschaftliche Testament der Eheleute bereits jetzt, nach dem Tod der Ehefrau, vollständig zu eröffnen und den weiteren Beteiligten gegenüber vollständig bekannt zu geben ist. Das Nachlassgericht hat ein in seiner Verwahrung befindliches Testament zu eröffnen, sobald es vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangt. Dabei hat sich die Eröffnung grundsätzlich auf das gesamte Schriftstück zu beziehen. Denn die Wirksamkeit der Verfügung ist in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen und daher auch für die Frage des Umfangs der Eröffnung unerheblich. Bei der Eröffnung eines gemeinschaftlichen Ehegattentestaments besteht insoweit eine Ausnahme, als im Geheimhaltungsinteresse des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners dessen Verfügungen den sonstigen Beteiligten nicht bekannt zu geben sind, soweit sie sich von den Verfügungen des Erstverstorbenen „trennen“ lassen. Wenn aber wie hier die entsprechenden Verfügungen des Ehemannes sprachlich in der „Wir-Form“ abgefasst sind oder von den Ehegatten die Verfügungen mit „der Überlebende von uns“ oder „der Längstlebende von uns“ eingeleitet worden sind, hat auch der Erstverstorbene die Verfügung getroffen und das Testament ist insgesamt bekannt zu geben. Dem stehen weder ein Geheimhaltungsinteresse des Erblassers noch ein solches des überlebenden (Mit-)Testators entgegen.
Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken Beschl. v. 16.5.2024 (8 W 13/24)