(dpa/tmn). In Nachlassverfahren hat das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen. Dazu gehört auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn z.B. konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Erblasser bei Abfassen seines Testaments testierunfähig war oder dessen Handschrift bei einem eigenhändigen Testament gefälscht wurde. Die Gerichte verlangen in diesem Fall gern einen Auslagenvorschusses von den Beteiligten für die Sachverständigenkosten. Doch ist das rechtens?
Beweisaufnahme abhängig von Auslagenvorschuss
Eine Frau verstirbt und hinterlässt ein handschriftliches Testament in welchem sie ihre Tochter als alleinige Erbin ausweist. Ihr Sohn solle „leer ausgehen“. Als die Tochter einen Erbschein beantragt, äußert der Sohn gegenüber dem Nachlassgericht Zweifel an der Echtheit des Testaments. Dieses sei eine Fälschung und vermutlich von seiner Schwester verfasst. Seine Mutter habe außerdem Alzheimer gehabt, so dass Zweifel an ihrer Testierfähigkeit bestünden. Das Gericht ordnet daraufhin die Einholung eines Schriftsachverständigen- und eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens an, dessen Einholung es aber abhängig von der Zahlung eines Auslagenvorschusses durch den Sohn in Höhe von 7.500 EUR binnen eines Monats macht. Nachdem kein Vorschuss eingezahlt wird, sieht das Gericht sich an der Beweiserhebung gehindert und erklärt, die zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen seien festgestellt, da die Vermutung der Echtheit des Testaments nicht widerlegt sei.
Ermittlungspflicht ergibt sich aus Amtsermittlungsgrundsatz
Zu Unrecht, entscheidet das Oberlandesgericht. Die erforderliche Feststellung der Urheberschaft des Testaments sei unter Missachtung maßgeblicher Verfahrensgrundsätze nicht erfolgt. Der Amtsermittlungsgrundsatz verpflichte das Gericht, im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens alle zur Aufklärung des Sachverhalts dienlichen Ermittlungen anzustellen. Zwar müsse nicht jeder nur denkbaren Möglichkeit nachgegangen werden. Eine Ermittlungspflicht bestünde jedoch insoweit, als das Vorbringen der Beteiligten und der Sachverhalt als solcher bei sorgfältiger Prüfung hierzu Anlass gäben. Das Nachlassgericht sei richtigerweise davon ausgegangen, dass Bedenken gegen die Echtheit des Testaments bestehen könnten, denen im Verfahren nachgegangen werden muss. Unzulässig war es jedoch, die Einholung des Gutachtens von der vorherigen Einzahlung eines Auslagenvorschusses abhängig zu machen und, nachdem dieser binnen der gesetzten Frist nicht eingezahlt wurde, ohne weitere Aufklärung des Sachverhalts von der Echtheit des Testaments auszugehen. Es widerspräche dem Wesen eines Amtsverfahrens, ein aus übergeordneten Interessen vorgeschriebenes Tätigwerden des Gerichts von dem richtigen prozessualen Verhalten eines Beteiligten abhängig zu machen.
Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Beschl. v. 17.6.2025 (5 W 39/25)
Quelle: www.dav-erbrecht.de