Vom 28. Mai 2018
Der Bundesfinanzhof (Az.: VIII R 32/15) hat ein Urteil gefällt, das manchen Erben aufhorchen lässt: Es geht um Schwarzgeld und unversteuerte Kapitalanlagen in Luxemburg, der Schweiz, Österreich oder in einer anderen Steueroase. Trotz der Steuer-CDs und Wellen an Selbstanzeigen: Am Fiskus vorbei erwirtschaftete Einkünfte gibt es nach wie vor.
Urteilsfall: Im Fall vor Gericht war die Mutter und spätere Erblasserin an Demenz erkrankt und geschäftsunfähig. Deren Einkommensteuererklärungen wurden bis zu ihren Tod unter Beteiligung eine ihrer beiden Töchter abgegeben. Diese Tochter wusste beim Ausfüllen der Formulare, dass ihre Mutter Kapitalanlagen im Ausland hatte, von denen das Finanzamt keine Ahnung hatte. Ob die Tochter auch nach dem Tod der Mutter einfach so weiter machte, lässt das Urteil offen. Jedenfalls informierte sie das Finanzamt nicht darüber, dass die erwirtschafteten Zinserträge nicht in der Steuererklärung fehlten. „Das war sehr gefährlich, denn damit machte sie die Tochter selbst der Steuerhinterziehung strafbar. Sie hätte eine Berichtigungserklärung abgeben müssen, “ kommentiert Dr. Heinz-Willi Kamps, Rechtsanwalt und Mitglied der AG Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. Genau so kam es in dem Fall. Mit der Folge, dass sich die Festsetzungsfrist, für die das Finanzamt nachträglich Steuern fordern konnte, bei der Tochter wie auch bei ihrer Mutter von vier auf zehn Jahre verlängerte. Das Finanzamt, das durch die Steuerfahndungsstelle auf den Fall aufmerksam geworden war, erließ daraufhin geänderte Einkommensteuerbescheide. Da die Mutter inzwischen verstorben war, forderte sie die Nachzahlungen von den Erben, in diesem Fall den beiden Schwestern. Dagegen wehrte sich vor Gericht die Tochter, die weder von den Geldanlagen ihrer Mutter im Ausland noch von den Hinterziehungen ihrer Schwester nach dem Tod der Mutter gewusst haben wollte. Vergeblich, mit ihrer Klage hatte sie keinen Erfolg. Das höchste Steuergericht entschied, dass die verlängerte zehnjährige Festsetzungsfrist für Steuerhinterziehungen für alle Erben zum Tragen kommt. Dabei betonten die Richter, dass dies auch für Erben gilt, die an der Steuerhinterziehung nicht beteiligt waren und auch nichts davon wussten. Unkenntnis schützt bekanntlich nicht vor Strafe.
Hintergrund: Am Fiskus vorbei verdientes Geld und Ersparnisse jenseits der Grenzen zu horten war in der Vergangenheit nicht nur bei Bäckern, Metzgern, Wirten, Steuerfahnder nennen sie BMW´s, beliebt. Die großflächigen Anzeigen der Auslandsbanken in deutschen Tageszeitungen und auch heimische Banker lockten bis Ende 2000 auch einfache Angestellte mit ihren Ersparnissen ins Ausland. Die dort erzielten Erträge auf die Anlagen, aus heutiger Sicht gigantisch hoch, ließ der Großteil der Anleger in der Steuererklärung einfach unter den Tisch fallen – ohne schlechtes Gewissen. Denn andere machten es ja ebenso.
Andere Zeiten: Aus und vorbei – die Zeiten haben sich gründlich geändert. Steuerhinterziehung ist längst kein Kavaliersdelikt mehr. Die vielen Kapitalflüchtlinge von damals, inzwischen Ruheständler, können heute große Probleme bekommen, wenn sie beim Finanzamt keinen reinen Tisch machen. „Dies gilt auch für ihre Erben, wenn sie einfach so weitermachen wie bisher“, warnt Rechtsanwalt Kamps. Sie haften dann nicht nur für die vom Erblasser hinterzogenen Steuern, sondern begehen selbst Steuerhinterziehung durch Unterlassen. Im schlimmsten Fall müssen sie sich selbst strafrechtlich verantworten. Hintergrund: Die Erben sind als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers gesetzlich verpflichtet, Steuerverkürzungen des Erblassers, die sie als Erben kennen, unverzüglich beim Finanzamt anzuzeigen und zu korrigieren. Im Fall vor Gericht war die an Demenz erkrankte Mutter zuletzt nicht mehr in der Lage, wirksame Steuererklärungen zu erstellen. Dies enthob die Tochter nicht von ihren Pflichten dem Finanzamt gegenüber wahrheitsgemäße Angaben zu machen. Denn sie war an der Abgabe dieser Erklärungen beteiligt, wusste von den Geldanlagen im Ausland und der Hinterziehungstat. Diese Tat der einen Tochter führte zur Verlängerung der Frist, in der das Finanzamt die Steuern rückwirkend für die Mutter erheben darf (Festsetzungsfrist). Dafür musste ihre ahnungslose Schwester dann am Ende mit einstehen, weil das Finanzamt beide Erbinnen gleichermaßen als Gesamtschuldner zur Kasse bitten kann. Unkenntnis über die Hinterziehung schützt Erben also nicht vor den Nachzahlungen.
Tipp: Geht es um Schwarzgeld und Geldanlagen im Ausland, die Sie als Erbe im Nachlass vermuten, klären Sie die Situation möglichst umgehend auf. Dies ist auch im Hinblick auf die sechswöchige Ausschlagungsfrist ratsam.
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