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Aktuelle Rechtstipps

Vom 7. März 2018

Erbengemeinschaft: Was müssen Geschwister unter sich ausgleichen?

Das Elternhaus, in dem alle aufgewachsen sind, ein kleines Bankguthaben, die Einrichtung der Wohnung, Erinnerungstücke – alles, was die Eltern nach ihrem Tod hinterlassen haben, müssen die Kinder untereinander aufteilen, wenn sie zu gleichen Teilen erben. Aber ist das wirklich immer gerecht? Über die Frage der Verteilung geraten Geschwister nicht selten in Streit. Grund ist ihre unterschiedliche Behandlung durch die Eltern zu Lebzeiten.

Drei Beispiele: 1. Die Schwester hat Geld für ihre Ausbildung in den USA bekommen, der Sohn nicht. 2. Der Vater hat nur einem Sohn zu Lebzeiten einen Bauplatz übertragen, seinen anderen Kindern nicht. 3. Das Nesthäkchen wohnte bis zuletzt bei den Eltern mit im Haus, ohne auch nur einen Cent zu bezahlen, während die anderen Kinder direkt nach der Schule auszogen.
„Was Geschwister sich im Erbfall an Zuwendungen und Geschenken der Eltern auf ihr Erbe anrechnen lassen müssen, ist gesetzlich genau geregelt“, erläutert RAin und Notarin Ulrike Czubayko, Mitglied der AG Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. „Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Eltern alle Kinder gleich behandeln wollen.“

Aber nicht alles, was Mutter oder Vater einem Kind schon zu Lebzeiten an Extras zugewendet haben, muss im Erbfall rechnerisch mit den Geschwistern geteilt werden. Nur bei solchen Zuwendungen, die im Gesetz geregelt sind, findet ein Ausgleich statt.
Erhält ein Kind zum Beispiel zur Heirat, als Zuschuss für den Start in die Selbstständigkeit oder als Unterstützung bei finanziellen Engpässen eine größere Zuwendung, kann es sich begrifflich um eine Ausstattung gemäß dem Bürgerlichen Gesetzbuch handeln. Folge: Solche Ausstattungen müssen bei der Verteilung des Erbes unter mehreren Geschwistern berücksichtigt werden. Will heißen: Das Kind, das eine Ausstattung erhalten hat, bekommt bei der Verteilung des Nachlasses der Eltern entsprechend weniger als die anderen. Etwas anderes gilt, wenn die Eltern ausdrücklich festgelegt haben, dass die Ausstattung bei der Verteilung ihres Erbes nicht berücksichtigt werden soll. Ähnliches gilt bei Geschenken, egal ob Geld- oder Sachwerte, die ein Kind schon zu Lebzeiten der Eltern erhalten hat. Angerechnet auf das Erbe werden diese Vermögenswerte nur, wenn schon bei der Übergabe für das Kind klar war, dass spätestens nach dem Tod der Eltern ein Ausgleich bei den Geschwistern erfolgen würde. Dies ist nach der Rechtsprechung in der Regel auch der Fall, wenn Eltern einem Kind ein Grundstück „im Wege der vorweg genommenen Erbfolge“ übertragen. „In der Regel“ heißt, dass es aber immer auf die Besonderheiten im Einzelfall ankommt.

Denn jeder Erbfall ist ein Einzelfall. Was unter Geschwistern an Vorausempfängen auszugleichen ist, muss immer gesondert festgestellt und zum Teil auch bewertet werden. Ratsam ist es in jedem Fall, zu den zum Teil komplizierten Berechnungen Beratung einzuholen. „Oft finden die Geschwister dann einvernehmlich Lösungen, mit denen alle gut leben können“, sagt Rechtsanwältin und Notarin Czubayko. „Ein Gutachten, das zum Beispiel bei Grundstücksschenkungen notwendig ist, um den exakten Wert festzustellen, kostet Geld. Das müssen alle Erben gemeinsam aufbringen.“ Kommt es zu einem Rechtsstreit vor Gericht, muss ein weiteres Gutachten angefertigt werden. Das kann dann zu einem anderen Wert führen. Gerade bei Geschwistern, die gemeinsam nach fairen und ausgewogenen Lösungen zur Verteilung suchen, kann es daher ratsam sein, einen Mediator einzuschalten. Dieser hilft bei der Erbauseinandersetzung.

Einen Fachanwalt für Erbrecht oder Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Erbrecht, der Ihnen die Rechte und Pflichten als Erbe erläutert und auch bei der Auswahl eines Mediators behilflich sein kann, finden Sie in unserer Anwaltsuche. Eine anwaltliche Erstberatung kostet maximal 190 Euro zuzüglich Umsatzsteuer.