Vom 3. Juli 2012
Es gibt nicht immer Vermögen zu erben – auch Schulden können vererbt werden. Und hier ist Vorsicht geboten: Ein überschuldeter Nachlass kann für einen Erben schnell zur Falle werden. Der Erbe muss für die Schulden gerade stehen, wenn er nichts tut. Wer keine Schulden erben will, muss aktiv werden und das Erbe ausschlagen. Dies hat innerhalb einer Frist von sechs Wochen zu geschehen. Die oft als zu kurz empfundene Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der Erbe erfährt, dass er erben soll.
Dies lässt sich meist unproblematisch feststellen. Schwierig wird es aber dann, wenn Minderjährige erben sollen. So ist fraglich, wann die Frist beginnt, wenn bei einem gemeinsamen Sorgerecht zunächst nur ein Elternteil davon erfährt und der zweite erst später die Information erhält. Dies ist besonders bei getrennt lebenden Eltern mit gemeinsamen Sorgerecht wichtig. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat sich jetzt in einer Entscheidung der überwiegend vertretenen Meinung angeschlossen: Die Ausschlagungsfrist beginnt erst dann, wenn auch der zweite Elternteil Bescheid weiß. In dem Fall hinterließ die Erblasserin 120.000 Euro Schulden. Nachdem deren Kinder das Erbe ausgeschlagen hatten, erbte nach dem Erbrecht ein Enkel. Der Vater erfuhr schriftlich davon, die Mutter erst später.
Das Erbe wurde innerhalb von sechs Wochen, nachdem die Mutter davon erfahren hatte, ausgeschlagen. Setzt man den Zeitpunkt, als der Vater von dem Erbe erfuhr, als Fristbeginn an, war die Sechs-Wochen-Frist da jedoch bereits abgelaufen. Obwohl die Eltern zusammenleben, war die Sache für das Gericht klar: Die Frist beginnt erst dann, wenn beide erziehungsberechtigten Elternteile von dem Erbe Kenntnis haben. Erst dann könnten sich beide ein Bild von dem Erbe machen und gemeinsam überlegen. Entscheidend sei, dass für die Ausschlagung eine Erklärung beider Erziehungsberechtigter erforderlich sei. Würde die Frist schon beginnen, wenn erst ein Elternteil Kenntnis hat, würde sie für den anderen unzumutbar verkürzt.
Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 03. Juli 2012 (AZ: 21 W 22/12)