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Aktuelle Rechtstipps

Vom 2. Juni 2017

Zum Wohl „unserer“ Kinder – Gut abgesichert als Patchworkfamilie

 

Deine Kinder, meine Kinder, unsere Kinder. Immer mehr Kinder leben heute in einer Patchworkfamilie. Einer oder beide Partner haben bereits Nachwuchs aus früheren Beziehungen, den sie mitbringen. Nicht selten kommen später weitere gemeinsame Kinder der Patchworkeltern hinzu. Jedes vierte Kind wächst inzwischen in einer alternativen Lebensform auf, erklärt Herbert Grziwotz, Professor und Notar in Regen bei seinem Vortrag „Patchwork-Testament“ beim Deutschen Erbrechtstag der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im DAV Anfang April in Berlin.

Patchworkfamilien? Diese hießen vor rund 100 Jahren Stiefkindfamilien und gab es in der bunten Vielfalt wie heute noch nicht, als das Bürgerliche Gesetzbuch mit dem Erbrecht verabschiedet wurde. Deshalb sind die gesetzlichen Regeln zur Erbfolge, die automatisch greifen, wenn weder Testament noch Erbvertrag vorliegen, meist nicht im Interesse der Patchworkeltern und ihrer Kinder. Bis heute hat sich an den gesetzlichen Regeln kaum etwas geändert. „Für Patchworkfamilien ist es daher umso wichtiger, durch Testament oder Erbvertrag auch zum Wohl der Kinder vorzusorgen“, erklärt Grziwotz.

Nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs „rinnt das Gut, wie das Blut“. Will heißen: Stirbt ein unverheirateter bzw. geschiedener Elternteil, erben automatisch die leiblichen Kinder. Aber nur diese Kinder. Die Kinder des Partners in der Patchworkfamilie bleiben als Erben komplett außen vor.

Auch der Partner selbst geht nach der gesetzlichen Erbfolge leer aus, sofern Patchworkeltern als Paar ohne Trauschein zusammenleben. Und ist einer der Partner noch verheiratet ist, erbt der Expartner neben den Kindern automatisch mit. „Durch testamentarische Verfügungen können Patchworkfamilien diese Folgen verhindern und sich und ihre Kinder absichern“, erläutert Grziwotz.

Berücksichtigt werden sollte bei den Überlegungen auch, dass minderjährige Kinder bis zur Volljährigkeit im Regelfall von ihren leiblichen Eltern vertreten werden. Sprich, vom anderen Elternteil, dem Expartner. Die Folge: Stirbt ein Elternteil in der Patchworkfamilie und ist nichts geregelt worden, verwaltet der andere Elternteil das Vermögen für seine minderjährigen Kinder bis zur Volljährigkeit. Das ist meist überhaupt nicht im Sinne der Partner. „Durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung kann der Expartner ausgeschlossen werden“, erklärt Grziwotz. Möglich ist auch, dem anderen Elternteil die Verwaltungsbefugnis über das Erbe des minderjährigen Kindes zu entziehen. Oder zu regeln, wer statt des anderen Elternteils das Vermögen für das Kind verwalten soll, zum Beispiel der Partner.

Wie die Regelungen im Einzelfall am besten sind, hängt von den Familienverhältnissen, Wünschen und Bedürfnissen der Patchworkeltern ab. Ist das Verhältnis zwischen Patchworkeltern, leiblichen Eltern und Kindern harmonisch, sind weitreichendere Regelungen denkbar als bei Familien, in denen das Verhältnis zu den Expartnern eher angespannt ist. Wichtig im Zusammenhang mit der Vorsorgeplanung ist auch, das Sorgerecht für noch minderjährige Kinder für den Todesfall zu regeln. Zum Wohl der Kinder kann es ratsam sein, dass das Kind im Todesfall seiner Mutter oder seines Vaters weiter in der Patchworkfamilie bleiben kann. Auch das lässt sich festlegen, im Idealfall in Abstimmung mit dem anderen Elternteil des Kindes.

Tipp: Holen Sie fachkundigen Rat ein, wenn Sie sich als Patchworkfamilie absichern wollen. Neben Notaren, die Testamente und Erbverträge beurkunden, sollten Sie sich auch an einen Fachanwalt für Erbrecht wenden. Er ist ausgewiesener Spezialist auf diesem Gebiet und unterstützt Sie bei der Formulierung Ihres letzten Willens. Einen Fachanwalt für Erbrecht in Ihrer Nähe finden Sie oben rechts. Einfach auf „Anwaltsuche“ klicken.