Vom 4. Oktober 2017
„Das Gut rinnt wie das Blut“. Nach dieser Grundregel hat der Gesetzgeber von 1900 festgelegt, wer im Todesfall erbt. Durch ein Testament oder einen Erbvertrag lassen sich diese Regeln aushebeln. Denn jeder ist frei, zu seinen Erben zu bestimmen, wen er möchte.
Mit einer Einschränkung: Besonders nahen Blutverwandten wie den eigenen Kindern, aber auch dem Ehepartner, steht kraft Gesetzes stets ein Mindestanteil am Erbe zu, der Pflichtteil. Dieser Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs. Ein Beispiel: Ein Einzelkind, dessen Mutter bereits verstorben ist, wäre nach Tod des Vaters nach den gesetzlichen Regeln Alleinerbe. Der Pflichtteilsanspruch beträgt somit die Hälfte des Nachlasswerts. „Das bedeutet aber nicht, dass ein Pflichtteilsberechtigter entsprechend der Quote Mitglied einer Erbengemeinschaft und Mitbesitzer der Nachlasswerte würde“, erklärt Wolfram Theiss, Vorsitzender des geschäftsführenden Ausschusses der AG Erbrecht im Deutschen Anwaltverein. „Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Geldanspruch, der von den Erben zu erfüllen ist.“
Soll ich den Pflichtteil fordern? Um wieviel Geld handelt es sich überhaupt? Solche Fragen stellen sich Kindern, die von einem oder beiden Elternteilen in deren Testament übergangen wurden. Das ist übrigens bei allen Berliner Testamenten nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils der Fall. Denn auf der ersten Stufe setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein. Die Kinder werden nicht bedacht, sind also enterbt. Sie sind erst am Ende als Erben an der Reihe, wenn beide Elternteile verstorben sind. Nach dem Tod des erstversterbenden Elternteils hat jedes enterbte Kind somit einen Pflichtteilsanspruch. Dieser wird in der Praxis aber nicht so häufig geltend gemacht, weil die Kinder als Schlusserben eingesetzt sind. Wichtig zu wissen: Das Pflichtteilsrecht ist im Gesetz ausführlich geregelt. Das fängt an bei dem Anspruch selbst, der innerhalb von drei Jahren ab der Kenntnis vom Todesfall des Erblassers gegenüber den Erben geltend gemacht werden muss. Andernfalls verjährt er. Auch die genaue Berechnung der Geldzahlung, was sich ein Pflichtteilsberechtigter auf seinen Anspruch anrechnen lassen muss sowie Auskunftsrechte sind geregelt. Ohne eine fundierte Beratung ist es aber kaum möglich, den Anspruch selbst genau zu berechnen.
Tipp: Am besten ist es, sich bei einem erfahrenen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Erbrecht beraten zu lassen. Einen Experten in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Anwaltsuche.