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Aktuelle Rechtstipps

Vom 19. August 2019

Im Erbfall Steuerfallen beim Elternhaus beachten

Was passiert eines Tages mit unserem Haus? Diese Frage treibt viele Paare im Rentenalter um. Eltern haben vielfach den Wunsch, dass ihr Eigenheim in der Familie bleibt. Der Nachwuchs hat oft andere Vorstellungen, und bei mehreren Geschwistern auch noch unterschiedliche. Nicht selten wird die Frage, was mit dem Haus nach dem Tod der Eltern passieren soll, schon zu Lebzeiten kontrovers in der Familie diskutiert. „Bei allen Überlegungen zur Nachlassplanung, die angestellt werden, sollen auch steuerlichen Folgen stets mit berücksichtigt werden“, rät Heinz-Willi Kamps, Fachanwalt für Steuerrecht und Mitglied der AG Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). 

Familienheim kann steuerfrei übertragen werden

Gut zu wissen: Das Finanzamt honoriert es bei der Erbschaftsteuer, wenn ein Kind das Elternhaus nach dem Tod der Eltern übernimmt und selbst einzieht. Der Wert des Hauses bleibt bei der Bemessung der Erbschaftsteuer dann außen vor. Will heißen: Das Haus wird nicht als Vermögen, das nach Abzug eines Freibetrags von 400.000 Euro steuerpflichtig ist, berücksichtigt. Allerdings sind für diesen Steuerbonus strenge Voraussetzungen zu beachten. Sonst besteht das Risiko, dass die Vorteile aberkannt werden. Wie in dem Fall, über den am Ende der Bundesfinanzhof entscheiden musste (BFH vom 28.05.19, Az.: II R 37/16).

Folgender Sachverhalt lag dem Urteil zugrunde: Ein Witwer mit zwei Söhnen hatte bis zu seinem Tod allein in dem Haus der Familie gelebt. Seine Erben waren entsprechend dem Testament, das er mit seiner Frau gemacht hatte, die beiden Söhne. Einer der Söhne, der spätere Kläger vor Gericht, sollte das Elternhaus als Vermächtnis erhalten. Der andere Sohn stand unter Betreuung und daher musste das Betreuungsgericht der Übertragung des Hauses auf den Bruder zustimmen. Es vergingen mehr als eineinhalb Jahre, bis die Genehmigung des Gerichts vorlag und die Umschreibung im Grundbuch erfolgen konnte. Weitere acht Monate später holte der Erbe schließlich Angebote von Handwerkern für die Renovierung des Hauses ein. Einen Monat später begannen die Bauarbeiten. Beim Finanzamt für die Erbschaftsteuer forderte der Erbe die Steuerbefreiung für das selbst genutzte Familienheim. Er erklärte, dass er nach der Renovierung selbst in das Haus einzuziehen wolle. Doch mit dieser Begründung scheiterte er beim Finanzamt, weil er das Haus nicht „unverzüglich“, wie es das Gesetz für die Steuerbefreiung fordert, nach dem Tod des Vaters zur Selbstnutzung bestimmt hatte. Das Finanzamt setzte also den Wert des Hauses beim geerbten Vermögen an und forderte rund 78.000 Euro Erbschaftsteuer. Zu Recht, wie das höchste Steuergericht bestätigte.

Voraussetzungen kennen und beachten

Das Finanzamt gewährt die Steuervorteile nur unter folgenden Voraussetzungen: Zum einen muss der Erblasser in dem Haus oder in der Wohnung, die den Mittelpunkt der Familie ausmacht, bis zuletzt gewohnt haben bzw. aus zwingenden Gründen, zum Beispiel eine alters- oder krankheitsbedingte Unterbringung in einem Seniorenheim, an der Selbstnutzung gehindert sein. Der Erwerber, ein Kind des Erblassers bzw. bei einem vorverstorbenen Kind ein Enkelkind, muss das Haus oder die Wohnung „unverzüglich“, sprich ohne schuldhaftes Zögern, zur Selbstnutzung bestimmen. Dies bedeutet in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall. Verstreicht wie im Streitfall vor Gericht mehr Zeit, kann dies zwar immer noch „unverzüglich“ sein. In diesem Fall muss der Familienheimübernehmer jedoch darlegen und glaubhaft machen, wann er sich für den Einzug ins Haus entschieden hatte und weshalb es zu Verzögerungen kam. Dies könne zum Beispiel ein Erbenstreit sein. Renovierungen zählten nur, wenn erst nachträglich gravierende Mängel an dem Haus entdeckt werden, die vor dem Einzug noch beseitigt werden müssen, hob der BFH in der oben zitierten Entscheidung hervor. Tendenziell gilt: Je größer der Abstand zwischen Erwerb und Einzug, desto höher die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung für Verzögerungen beim Einzug. „Ratsam ist es bei Renovierungen vor dem Einzug, den Zustand des Hauses im Erbfall mit Fotos festzuhalten, um für mögliche Rückfragen des Finanzamts Beweise zu haben. „Die Handwerkerarbeiten sollten ebenfalls sorgfältig festgehalten werden.“

Der Steuervorteil für das Familienheim ist auf eine Wohnungs- bzw. Hausgröße von 200 qm beschränkt und wird nachträglich wieder aberkannt, wenn das Kind nicht weitere zehn Jahre in dem Haus lebt oder aus zwingenden Gründen daran gehindert ist. „Die Voraussetzungen sind zwar streng, aber dennoch zahlt es sich bei großen Nachlässen aus, sie zu beachten“, erläutert Rechtsanwalt Kamps. „Leicht lassen sich dadurch sechsstellige Summen an Erbschaftsteuer sparen.“

Gewusst wie: Nehmen Sie vor und nach dem Erbfall Beratung in Anspruch, um teure Fehler zu vermeiden. Einen Experten für Erbrecht in Ihrer Nähe finden Sie unter in unserer Anwaltsuche.