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Aktuelle Rechtstipps

Vom 23. September 2019

Für alle Fälle: Wie Ehepaare ihren Nachlass regeln

„Piechs Witwe darf nie wieder heiraten“, titelte die Bild-Zeitung vor einigen Wochen. Der frühere Vorstands- und Aufsichtsratschef der Volkswagen AG Ferdinand Piech war im Alter von 82 Jahren überraschend verstorben. Schon vor mehr als zehn Jahren soll er seinen Nachlass sorgfältig geregelt haben. Seine Ehefrau erhält laut Bild  jedes Jahr Millionenbeträge an Ausschüttungen aus mehreren Stiftungen. Voraussetzung: Sie heiratet nie wieder.

Nur selten geht es wie im Erbfall Piech um ein Milliardenvermögen, das von Todes wegen den Besitzer wechselt. „Es ist aber losgelöst von der Größe des Vermögens in dem Fall ratsam, seinen Nachlass zu regeln“, rät Rechtsanwältinund Notarin Ulrike Czubayko aus Flensburg,Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Andernfalls greifen die gesetzlichen Erbregeln, obwohl diese oft gar nicht im Sinne der Erblasser sind.“

Gesetzliche Erbfolge berücksichtigt Ehepartner

Liegt keine letztwillige Verfügung vor, zählt der Ehepartner immer zu den gesetzlichen Erben. Wie hoch sein Anteil am Vermögen des verstorbenen Partners ist, hängt zum einen vom Güterstand ab, in dem das Ehepaar lebte. Außerdem davon, ob der Erblasser Kinder hatte. Dabei spielt die Frage, ob es sich um eheliche, adoptierte oder nicht eheliche Kinder handelt, heute keine Rolle mehr. Alle erben zu gleichen Teilen neben dem überlebenden Ehepartner.

Beispiel:Bei einem Ehepaar, das keinen Ehevertrag hat und daher automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebt, verstirbt ein Partner. Da das Ehepaar kein Testament gemacht hat, erbt der überlebende Partner neben den zwei Kindern des Erblassers die Hälfte seines Vermögens. Die andere Hälfte entfällt auf die beiden Kinder, die zu je gleichen Anteilen erben, also jeweils ein Viertel.

Alle Erben zusammen bilden eine Erbengemeinschaft. Grundsätzlich müssen sie als solche gemeinsam alle wichtigen Entscheidungen zum Nachlassvermögen fällen. „Eine Erbengemeinschaft ist immer streitanfällig und daher ist jedes Ehepaar gut beraten, seine Erben selbst zu bestimmen“, rät Expertin Czubayko.

Ehegattentestament weit verbreitet

Verheiratete wählen häufig ein gemeinschaftliches Testament, in dem sie ihren letzten Willen festlegen und setzen sich damit gegenseitig zu Alleinerben ein. Die Kinder sollen erst erben, wenn beide Eltern verstorben sind. „Bei diesem Testament, dem so genannten Berliner Testament, sollten die Ehepartner jedoch wissen, dass die Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden einen Pflichtteilsanspruch haben“, erklärt RechtsanwältinCzubayko. „Außerdem ist es bei großen Vermögen von Nachteil, was die Erbschaftsteuer angeht.“

Sorgfältige Planung und Beratung ist daher wichtig, um keine Fehler zu machen, die die Erben am Ende teuer zu stehen kommen können.

Klausel für Wiederverheiratung

Nicht selten finden sich wie beim ehemaligen VW-Vorstandschef Piech in Testamenten und Erbverträgen Wiederverheiratungskauseln. Damit soll erreicht werden, dass das Vermögen in der Familie bleibt. Für den Fall einer Wiederheirat des überlebenden Ehepartners soll damit verhindert werden, dass der neue Partner erbt. Für die „Zölitbatsklausel“, wie Wiederverheiratungsklauseln im Sprachjargon genannnt werden,  gibt es vielfältige Gestaltungsvarianten. „Mit der Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft, der Regelung von Herausgabeansprüchen sowie aufschiebend bedingten Vermächtnissen kann verhindert werden, dass im Falle einer Wiederheirat das Vermögen in die Hände des neuen Partners gelangt“, erläutert Rechtsanwältin Czubayko. „Man sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass die Klausel heutzutage, wo nicht eheliche Partnerschaften gesellschaftliche toleriert werden, sehr leicht unterlaufen werden kann.“ Zumal zu weitgehende Wiederverheiratungsklauseln auch verfassungsrechtlich problematisch sein können. Sinnvoll ist es daher, die Vor- und Nachteile sowie Grenzen einer solchen Klausel zu kennen und diese sorgfältig zu formulieren. „Es gibt es auch andere Möglichkeiten um sicherzustellen, dass das Vermögen in der Familie bleibt, wobei der überlebende Ehegatte gut abgesichert ist“, erläutert ExpertinCzubayko.

Tipp:Nehmen Sie Beratung in Anspruch, um Ihren Nachlass sorgfältig zu regeln, zwischen verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten abzuwägen und Fehler zu vermeiden, die später womöglich Ihre Erben belasten. Rechtsanwälte mit Schwerpunkt Erbrecht in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Anwaltsuche.