Vom 8. September 2023
(dpa/tmn) Wenn jemand erbt und unter Betreuung steht, so ist fraglich, ob der Betreute selbst die Erbschaft ausschlagen kann.
Erbausschlagung durch Betreuten
Ein Mann macht unerwartet eine Erbschaft. Obwohl er einen Betreuer hat, schlägt er diese selbst fristgerecht aus. Später versucht der Betreuer dies rückgängig zu machen, indem er die Ausschlagungserklärung anficht, da der Betreute nur ausgeschlagen habe, um die nachlasszugehörige Wohnung in eine Stiftung umzuwandeln, sodass keine Grundsteuer und kein Wohngeld mehr zu zahlen seien und man mit der Wohnung „Gutes“ tun könne, was sich so entgegen seiner Erwartung nicht realisieren lasse. Außerdem ist er der Meinung, der Betreute selbst habe wegen der Betreuung gar nicht wirksam ausschlagen können. Die Betreuung war angeordnet worden für Wohnungsangelegenheiten sowie Vertretung vor Behörden und Gerichten.
Ausschlagungserklärung ist Willenserklärung
Ohne Erfolg. Auch wer unter Betreuung steht, kann selbst eine Erbschaft ausschlagen. Denn bei einer Ausschlagung handelt es sich um eine Willenserklärung. Auch wenn sie gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht abzugeben ist, handelt es sich nicht um eine Vertretung vor Gericht. Selbst eine solche hätte der Betreute aber abgeben können, da weder die Betreuung unter Einwilligungsvorbehalt angeordnet war, noch Anzeichen dafür gegen waren, dass der Mann geschäftsunfähig war. Auch eine Anfechtung kommt nicht in Betracht. Dafür wäre erforderlich, dass der Mann sich bei Abgabe der Ausschlagungserklärung über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt hat. Das aber war nicht der Fall. Der Mann wusste, dass eine Eigentumswohnung zum Nachlass gehört. Die mit der Ausschlagung verfolgten Ziele seien nur mittelbare Folgen und damit Motive, die nicht zur Anfechtung berechtigen.
Kammergericht (KG) Berlin, Beschl. v. 20.1.2022 (19 W 174/21)