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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 4. November 2024

Ausschlagung einer Erbschaft trotz Geschäftsunfähigkeit?

(dpa/tmn). Auch, wer geschäftsunfähig ist, kann eine Erbschaft ausschlagen. In diesem Fall trifft – wenn keine hinreichende Vorsorgevollmacht erteilt wurde – ein Betreuer die Entscheidung für oder gegen das Erbe. Das muss innerhalb von sechs Wochen geschehen. Um vor Missbrauch zu schützen, bedarf es einer gerichtlichen Genehmigung, damit die Entscheidung eines Betreuers wirksam wird. Die Zeitabläufe bei den Gerichten führen allerdings oft dazu, dass diese erst nach Ablauf der Ausschlagungsfrist erteilt wird. Dies ist jedoch ist unschädlich, wenn die Genehmigung innerhalb der Frist beantragt wurde.

Vorsorgebevollmächtigte muss zur Betreuerin bestellt werden, um auszuschlagen
Im zugrundeliegenden Fall hatte eine Mutter testamentarisch ihren einzigen Sohn unter zahlreichen Beschränkungen zu ihrem (Mit)Erben eingesetzt. Der Sohn war geschäftsunfähig und konnte daher selbst keine wirksame Ausschlagungserklärung abgeben. Für ihn handelte seine Frau. Dieser hatte er zuvor eine Vorsorgevollmacht erteilt. Zur Ausschlagung genügte dies nicht, da die Unterschrift unter der Vorsorgevollmacht nicht öffentlich beglaubigt worden war. Daher ließ sich die Ehefrau vom Betreuungsgericht zur Betreuerin ihres Mannes für Nachlassangelegenheiten einsetzen und schlug die Erbschaft formgerecht notariell beglaubigt in dessen Namen aus. Zugleich beantragte sie beim Betreuungsgericht, die Ausschlagung zu genehmigen. Dies alles geschah noch in der Sechswochenfrist, die das Gesetz einem Ausschlagenden gewährt. Die rechtskräftige Genehmigung des Betreuungsgerichts erhielt die Frau allerdings erst nach Ablauf der Frist.

Ausschlagung plus Antrag auf dessen Genehmigung innerhalb der Frist genügt
Dies ist unschädlich, entschied das Oberlandesgericht in Karlsruhe und erklärten die Ausschlagung der Betreuerin für ihren Ehemann für wirksam. Diese hatte die Ausschlagung vor einem Notar und damit formgerecht erklärt. Die Erklärung war auch fristgerecht beim Nachlassgericht eingegangen. Für die Wirksamkeit der Ausschlagung genügt es, wenn die Genehmigung des Betreuungsgerichts innerhalb der Frist beantragt worden ist, solange die Genehmigung dann später erfolgt. Denn sobald die Genehmigung beantragt ist, hat die Betreuerin keinen Einfluss auf die Dauer des Genehmigungsverfahrens. In dieser Zeit ist mithin der Lauf der Frist gehemmt. Dies ordnet das Gesetz seit 1.1.2023 ausdrücklich in § 1858 Abs. 3 BGB an. Die Ausschlagung wird automatisch wirksam, sobald die Genehmigung rechtskräftig ist, § 1858 Abs. 3 Satz 2 BGB. Nach neuer Gesetzeslage ist keine weitere Handlung der Betreuerin mehr erforderlich, um die Wirksamkeit der Ausschlagung herbeizuführen, wie es vor der Gesetzesänderung 2023 diskutiert wurde.

Fazit: Wer Vorsorge treffen will auch für den Fall, dass eine Erbschaftsausschlagung erforderlich wird, sollte seine Unterschrift unter einer Vorsorgevollmacht zumindest notariell beglaubigen lassen (die Kosten belaufen sich auf unter bzw. bis zu 100 Euro). Wenn dies versäumt wurde, kann sich der Vorsorgebevollmächtigte vom Betreuungsgericht aber immer noch zum Betreuer bestellen lassen und als solcher ausschlagen. In diesem Fall muss er darauf achten, dass nicht nur die Ausschlagungserklärung form- und fristgerecht beim Nachlassgericht eingeht, sondern auch die Genehmigung des Betreuungsgericht innerhalb der Ausschlagungsfrist beantragt wird.

Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.2024 (14 W 28/24 Wx)