Vom 12. Januar 2023
dpa/tmn). Wer als nächster Angehöriger enterbt wurde und daher Pflichtteilsansprüche geltend macht, hat gegen den Erben zur Berechnung seiner Pflichtteilsansprüche einen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses. Er kann verlangen, dass das betreffende Nachlassverzeichnis von einem Notar erstellt wird. Doch was, wenn der Erbe seinerseits Auskunft vom Pflichtteilsberechtigten verlangt und solange die Beauftragung eines Notars verhindert?
Der Fall
Eine Frau wird von ihrer Mutter enterbt. Sie erstreitet ein obsiegendes Urteil gegen ihren allein erbenden Bruder, mit dem dieser zur Vorlage eines notariellen Verzeichnisses verurteilt wird. Dieser verweigert gleichwohl die Beauftragung eines Notars mit der Begründung, seine Schwester schulde seinerzeit Auskunft, ohne die keine Erstellung eines vollständigen Nachlassverzeichnisses möglich sei. Die Frau beantragt ein Zwangsgeld gegenüber ihrem Bruder festzusetzen.
Erbe muss erst Notar beauftragen; der entscheidet dann, ob Auskunft vom Pflichtteilsberechtigten nötig ist.
Zu Recht, urteilt das Gericht. Bei der Auskunft über den Bestand eines Nachlasses handelt es sich um eine nicht vertretbare Handlung, die mittels Zwangsgeld durchgesetzt wird. Dies gelte auch dann, wenn die Auskunftserteilung durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses zu erfolgen habe. Der Erbe hat in diesem Fall mit der gebotenen Intensität einen Notar zu finden und alle tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um diesen zur Erstellung des Nachlassverzeichnisses zu bewegen. Dem stehe auch die Aussage des Schuldners, er sei an der Vorlage des geschuldeten Verzeichnisses dadurch gehindert, dass die Gläubigerin ihrerseits keine Auskunft über von ihr erhaltene Zuwendungen erteilt. Denn unabhängig von der Frage der Relevanz der vermissten Informationen sei es jedenfalls nicht Sache des Erben, sondern des von ihm zu beauftragenden Notars zu bestimmen, ob und in welchem Umfang Informationen des Pflichtteilsberechtigten benötigt werden. Der Bruder hatte daher zunächst einmal einen Notar zu beauftragen.
Oberlandesgericht (OLG) Köln Beschl. v. 3.11.2022 (24 W 61/22)