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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 2. April 2024

Kann das Gericht einen Testamentsvollstrecker bestimmen, wenn der durch den Erblasser benannte das Amt nicht annimmt?

(DAV). Wer die Abwicklung seines Erbes zwischen den Erben professionell durch einen neutralen Dritten begleiten lassen will, kann einen Testamentsvollstrecker einsetzen. Dieser kann vom Erblasser namentlich benannt werden. Alternativ kann auch das Nachlassgericht die Person des Testamentsvollstreckers bestimmen, wenn der Erblasser Testamentsvollstreckung angeordnet hat. Doch was geschieht, wenn der vom Erblasser benannte Testamentsvollstrecker wegfällt? Das Nachlassgericht hat dann nicht unbedingt automatisch einen Ersatztestamentsvollstrecker zu bestimmen.

Wegfall des Testamentsvollstreckers
Eine Frau hinterlässt ein handschriftliches Testament, in dem sie einen Bekannten zum „Nachlassverwalter“ einsetzt. Nach ihrem Tod streitet der Mann mit den Erben darum, ob er wirklich zum Testamentsvollstrecker eingesetzt wurde. Die Erben halten die Anordnung für nicht eindeutig und ihn nicht für neutral genug. Der Mann teilt dem Nachlassgericht daraufhin mit, dass er das Amt des Testamentsvollstreckers nicht annehme und der Ernennung einer neutralen Person zustimme. Daraufhin setzt das Nachlassgericht einen anderen zum Testamentsvollstrecker ein. Hiergegen legen die Erben Beschwerde ein.

Keine Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht ohne Aufforderung des Erblassers
Zu Recht, so entscheidet das Gericht. Zwar sei die Benennung eines „Nachlassverwalters“ in dem Testament dahin gehend auszulegen, dass damit die Anordnung der Testamentsvollstreckung gemeint ist. Das Nachlassgericht könne aber nicht ohne Weiteres eine andere Person zum Testamentsvollstrecker ernennen als die, die der Erblasser selbst in seinem Testament ernannt hatte, wenn diese Person wegfalle. Es sei Sache des Erblassers für Fälle der Nichtamtsannahme oder vorzeitigen Beendigung des Amtes als Testamentsvollstrecker Vorsorge zu treffen. Eine Ernennung durch das Nachlassgericht sei vom Gesetz nur vorgesehen, wenn der Erblasser in seinem Testament darum ersucht hat. Ein solches Ersuchen kann nicht einfach daraus geschlussfolgert werden, dass eine bestimmte Person genannt wird, diese aber das Amt nicht annimmt. Vielmehr sei zu untersuchen, ob die Person oder die Testamentsvollstreckung im Vordergrund stehe. Sei wie hier nicht zu erkennen, dass auch ein Fremder den Nachlass hätte verwalten sollen, kann ein Wille des Erblassers, einen fremden Testamentsvollstrecker vom Gericht ernennen zu lassen nicht feststellen werden. Mit Nichtannahme des Amtes durch die ursprünglich benannte Person entfällt in einem solchen Fall die Testamentsvollstreckung.

Oberlandesgericht (OLG) Hamm Beschl. v. 10.2.2022 (I-10 W 107/22)