Vom 5. März 2023
(DAV). Schreibt jemand seinen letzten Willen in zwei Testamenten am selben Tag nieder und enthalten sie abweichende Verfügungen, so stellt sich die Frage, nach welchem Testament sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen richtet.
Der Fall
Ein Mann verfasst zwei Testamente unter dem selben Datum. Im Wesentlichen sind die Testamente inhaltlich übereinstimmend, jedoch enthält ein Testament ein Vermächtnis über ein lebenslanges Nießbrauchrecht an einem zum Nachlass gehörenden Hausgrundstück zugunsten des Enkelsohnes des Mannes. Eine solche Regelung findet sich in dem anderen Testament nicht. Die Erben verweigern dem Enkelsohn den Nießbrauch.
Testamente gelten im Zweifel als gleichzeitig erstellt
Zu Recht, urteilt das Gericht. Von mehreren sich inhaltlich widersprechenden Testamenten ist das zuletzt errichtete maßgeblich. Den Testamenten selbst kann hier aber nicht entnommen werden, welches der Mann zuerst und welches er zuletzt niedergeschrieben hat. In einem solchen Fall kann nicht alleine aus den Umständen, wie dem Fundort oder der ordentlicheren und fehlerfreien Niederschrift des einen Testaments geschlossen werden, welches das zuletzt geschriebene Testament ist. Ist die Reihenfolge der am selben Tag errichteten Testamente nicht mehr zu ermitteln, so gelten die Testamente vielmehr als gleichzeitig erstellt. Sie sind daher nebeneinander gültig, soweit sie sich nicht widersprechen. Enthält ein Testament jedoch eine Verfügung, die dem anderen Testament widerspricht, so ist diese unwirksam. Damit ist das Nießbrauchsrecht nicht wirksam im Wege des Vermächtnisses zugewendet.
Oberlandesgericht (OLG) Rostock, Beschl. v. 25.11.2021 (3 W 52/21)