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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 2. Mai 2024

Worum geht es im sog. „Abhilfeverfahren“ im Erbscheinsverfahren?

(DAV). Wer glaubt, Erbe zu sein, wird oft einen Erbschaftsantrag stellen, um sich im Rechtsverkehr als solcher zu legitimieren. Fällt die Entscheidung des Nachlassgerichts für den ein oder anderen Beteiligten anders aus als erhofft, so kann dieser dagegen Beschwerde einlegen. Die Beschwerdeschrift ist an das Nachlassgericht zu richten, dessen Entscheidung angefochten werden soll. Dieses wird die Sache nicht sogleich an das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht weitergeben, sondern ein sog. „Abhilfeverfahren“ durchlaufen. Oft wird hier aber nur ein „Zweizeiler“ verfasst, der im Wesentlichen aussagt, dass die Beschwerde nicht begründet ist und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt wird. Dies aber ist nicht korrekt.

Beschwerde gegen Entscheidung in Erbscheinsverfahren
Eine verwitwete Frau hatte in einem mit Ihrem vorverstorbenen Ehemann errichteten Erbvertrag ihrem Adoptivkind einen wesentlichen Gegenstand ihres Vermögens zugewendet. Das Adoptivkind geht davon aus, dass es aufgrund dessen zum Alleinerben eingesetzt worden ist und beantragt einen entsprechenden Erbschein. Dagegen wendet sich das zweite Adoptivkind der Verstorbenen, das davon ausgeht, nach gesetzlicher Erbfolge ebenfalls Erbe geworden zu sein. Das Nachlassgericht gibt dem Erbscheinsantrag statt und begründet seine Nichtabhilfe in Bezug auf die hiergegen eingelegte umfangreich begründete Beschwerde allein mit den Worten, die Beschwerde sie nicht begründet.

Sinn und Zweck des und Anforderungen an das Abhilfeverfahren
Die ist nicht korrekt, urteilen die Richter und geben die Sache unter Aufhebung des Vorlagebeschlusses an das Nachlassgericht zurück, da das Abhilfeverfahren an einem schwerwiegenden Verfahrensmangel leidet, namentlich wurde der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt. Zweck des Abhilfeverfahrens sei es, dass das Ausgangsgericht seine Entscheidung noch einmal überprüft und der Beschwerde gegebenenfalls abhilft, bevor das Obergericht mit ihr befasst wird. Das Ausgangsgericht hat sich in jedem Falle mit dem Beschwerdevorbringen sachlich auseinanderzusetzen, insbesondere um dem Beschwerdegericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob das Nachlassgericht seiner Verpflichtung zur Selbstkontrolle nachgekommen ist. Für die Begründungsintensität komme es auch darauf an, ob sich das Ausgangsgericht in der Ausgangsentscheidung bereits mit den Argumenten des Beschwerdevorbringens auseinandergesetzt hat. Es muss sich darüber hinaus mit dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung auseinander. Tut es dies nicht, ist das wird das Nachlassgericht in dem erneut durchzuführenden Abhilfeverfahren nachzuholen.

Oberlandesgericht (OLG) München Beschl. v. 29.2.2024 (33 Wx 309/23 e)