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Aktuelle Rechtstipps

Vom 24. September 2018

Berliner Testament: Eindeutige Formulierungen wählen

Unklare Formulierungen, widersprüchliche Aussagen, falsch verwendete Rechtsbegriffe: Wenn der letzte Wille nicht eindeutig ist, kommt es später oft zu Streit, weil sich mehrere Personen für die rechtmäßigen Erben halten. So auch in einem Fall, über den das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden musste (Az.: I-3 Wx 202/17). In diesem Fall ging es um das gemeinschaftliche Testament eines Ehepaars. Dabei handelte es sich um ein handschriftliches Testament, mit dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt hatten. Schlusserbe ihres Vermögens sollte der gemeinsame Sohn sein. Nachdem der Ehemann verstorben war, besann sich die Frau jedoch anders. Sie verfasste ein weiteres Testament und setzte darin ihre Freundin zur Alleinerbin ein. Der Sohn sollte ausdrücklich – wie in dem Schriftstück hervorgehoben – nur noch seinen Pflichtteil erhalten. Damit war er aber überhaupt nicht einverstanden. Er widersprach daher dem Antrag auf die Erteilung eines Erbscheins, den die Freundin seiner Mutter gestellt hatte. Am Ende bekam er vor Gericht Recht: Nach dem Tod des Ehemanns durfte die Frau die Erbeinsetzung ihres Sohns, die sie zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann in dem gemeinschaftlichen Testament vorgenommen hatte, nicht mehr ändern.

Die Freundin ging am Ende also leer aus. Sie hatte sich als rechtmäßige Erbin betrachtet. Bis zuletzt hatte sie darauf gepocht, dass das von der Erblasserin nach dem Tod des Ehemanns allein verfasste Testament gültig sei. Denn die Erblasserin hatte in dem früheren Testament, das sie mit ihrem Ehemann verfasst hatte, doch ausdrücklich den Satz aufgenommen: „Der Überlebende ist durch dieses Testament nicht beschwert und kann in jeder Weise frei verfügen.“Danach stehe eindeutig fest, dass  es der ausdrückliche Wunsch beider Ehegatten gewesen sei, dass der überlebende Partner nach dem Tod des Erstversterbenden noch frei sein sollte, andere Schlusserben einzusetzen. Von dieser Möglichkeit habe die Erblasserin dann schließlich Gebrauch gemacht, indem sie sie ihren Sohn ausdrücklich enterbte und sie als Erbin einsetzte.

Bindungswirkung kennen

„Wenn Ehegatten gemeinsam ihr Testament machen, sollten sie die damit einhergehenden Bindungswirkungen unbedingt beachten“, rät Dr. Wolfram Theiss, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Setzen sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein und bestimmen ihre Kinder zu ihren Schlusserben, soll dies der überlebende Partner nach dem Tod des Erstversterbenden nach dem Willen des Gesetzgebers im Zweifel nicht mehr ändern können.“ Wichtig ist es daher, dass Ehepartner sich im Vorfeld der Testamentserrichtung Gedanken darüber machen, ob nach dem Tod des Erstversterbenden noch Änderungen bei der Erbenbestimmung möglich sein sollen oder nicht“, so Rechtsanwalt Theiss. Was genau die Ehegatten im Urteilsfall wollten, ließ sich nach ihrem Tod nicht mehr feststellen. Der einzige Zeuge, der zu ihren Überlegungen bei der Testamentserrichtung etwas hätte sagen können, war ein Rechtsanwalt. Er durfte jedoch aufgrund des Mandantenschutzes nicht als Zeuge aussagen, weil er von seiner Verpflichtung zur Verschwiegenheit nicht entbunden worden war. Für das Gericht stand nach Inhalt und Auslegung der umstrittenen Formulierung jedoch fest, dass die Ehegatten lediglich klar stellen wollten, dass der überlebende Ehegatte zu Lebzeiten über das Vermögen frei verfügen können dürfen sollte. Denn sonst hätte in der Formulierung ausdrücklich klar gestellt werden müssen, dass er frei sein sollte, nach dem Tod des Erstversterbenden andere Schlusserben als den Sohn einzusetzen. Da ein solcher Zusatz bzw. eine solche Konkretisierung fehlte, war und blieb der Sohn rechtmäßiger Alleinerbe, trotz des anderslautenden Testaments seiner Mutter.

Der Fall zeigt einmal mehr wie ratsam es ist, beim Verfassen des letzten Willens anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Im schlimmsten Fall können durch unklare oder ungenaue Formulierungen Folgen ausgelöst werden, die so nicht gewünscht waren. Oder das Testament löst Streit zwischen mehreren Personen aus, die das Erbe für sich reklamieren, über den am Ende Gerichte entscheiden müssen.

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