Vom 22. Mai 2019
(dpa/tmn). Ein Nachlasspfleger darf nur hochvolatile Anlagen umschichten oder solche, bei denen er konkrete Anhaltspunkte für ihre drohende Verschlechterung hat.
Der Fall
Eine Frau verstirbt und die Erben sind unbekannt. Während die Erben ausfindig gemacht werden, ordnet das Nachlassgericht eine sog. Nachlasspflegschaft an. Der Nachlasspfleger kümmert sich um den Nachlass bis die Erben feststehen. Der Nachlass hat einen Wert von ca. 56.000 €, wobei ca. 25.000 € hiervon in einem Depot angelegt sind, welches Rentenanleihen beinhaltet. Der Nachlasspfleger beantragt die Genehmigung des Nachlassgerichts, das Depot aufzulösen und das Geld sicherer anzulegen.
Rentenanleihen nicht zu riskant
Die Richter lehnen dies ab. Es gebe keine Indikation zur Auflösung des Depots. Dies sei nur bei konkreten Anhaltspunkten zur Verschlechterung der Anlage oder bei generell risikoreichen Anlagen indiziert.
Legt der Nachlasspfleger selbst Vermögen an, so hat er hierbei nur besonders sichere Anlageoptionen zu wählen; denn primäres Ziel der Nachlasspflegschaft ist nicht die Mehrung, sondern der Erhalt des Vermögens. Im vorliegenden Fall war das Vermögen jedoch bereits vor Anfall der Nachlasspflegschaft angelegt. Hier gelten andere Maßstäbe: Einerseits ist es Aufgabe des Nachlasspflegers das Vermögen zu erhalten und frühzeitig entsprechende Schritte einzuleiten, wenn der Verdacht besteht, dass dem Vermögen eine Wertminderung droht. Andererseits ist das Wertenwicklungspotential der Anlage schützenswerter Teil des Nachlasses, den der Nachlasspfleger zu erhalten hat und worauf die Erben ein Anrecht haben.
Diese beiden Pflichten des Nachlasspflegers stehen jedoch nicht selten im Widerspruch zueinander und müssen gegeneinander abgewogen werden. Dabei orientiert sich das Gericht an der Anlageberatung von Banken. Auch wird berücksichtigt, dass Nachlasspfleger bei Veräußerungen die Genehmigung des Nachlassgerichts beantragen müssen und so beim Handel mit Anlagen zeitlich sehr wenig flexibel sind. Deswegen können sie auf kurzfristige Marktentwicklungen in der Regel nicht rechtzeitig reagieren. Das Gericht kommt so zu einer Abgrenzung nach der sog. Volatilität: Sehr unbeständige Anlagen sind mit der Nachlasspflegschaft nicht vereinbar und durch den Nachlasspfleger umzuschichten. Hierzu gehören Termin- und Optionsgeschäfte oder Derivate. Bei den vorliegenden Rentenanleihen sind jedoch weder Anhaltspunkte für einen Verschlechterungsverdacht noch eine starke Volatilität gegeben. Daher sind sie nicht zu veräußern.
Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschl. v. 21.02.2019 (3 Wx 8/19