Vom 25. Mai 2014
Erbverträge können eine Alternative zu Testamenten sein. Was diese Verträge für Erblasser und Erben bedeuten und welche Folgen sie haben – darüber hat sich die Deutsche Anwaltauskunft mit dem Rechtsanwalt Dr. Hubertus Rohlfing von der Arbeitsgemeinschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) unterhalten.
Deutsche Anwaltauskunft: Herr Dr. Rohlfing, worin unterscheidet sich ein Erbvertrag von einem Testament?
Dr. Hubertus Rohlfing: Der grundlegende Unterschied zwischen einem Erbvertrag und einem Testament besteht darin, dass der Erbvertrag Verfügungen enthält, die nicht einseitig von einem Vertragspartner geändert werden können. Das ist beim Testament anders. Hier kann der Testator, also derjenige, der das Testament verfasst, seine Verfügungen jederzeit beliebig ändern.
Anwaltauskunft: Wer entscheidet sich für einen Erbvertrag anstelle eines Testamentes?
Rohlfing: Für einen Erbvertrag entscheiden sich meist Personen, die aufeinander abgestimmte Verfügungen von Todes wegen treffen wollen. Das sind beispielsweise heterosexuelle Lebenspartnerschaften, die keine Ehe eingehen möchten. Ihnen steht das gemeinschaftliche Testament, das ebenfalls aufeinander abgestimmte Verfügungen enthält, nicht zur Verfügung. In einem gemeinschaftlichen Testament können nur Eheleute oder gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften aufeinander abgestimmte Verfügungen treffen. Gelegentlich wird ein Erbvertrag mit einer Pflegeverpflichtung verbunden. In diesem Falle legt der pflegende Verwandte Wert darauf, Erbe zu werden, wenn er den Erblasser pflegt.
Anwaltauskunft: Kann ich als Erblasser auch einen einseitigen Erbvertrag aufsetzen, ohne dass der oder die Erben einwilligen?
Rohlfing: Ein Erbvertrag muss jedenfalls eine vertragsmäßige Verfügung von Todes wegen enthalten, so dass der Erbe in jedem Falle beteiligt sein muss. Allerdings können auch Eheleute einen Erbvertrag schließen, in dem sie einen Dritten begünstigen, der nicht am Vertrag beteiligt ist.
Anwaltauskunft: Wenn Erben den Vertrag eingehen, können sie ihn nach dem Tode des Erblassers noch ausschlagen?
Rohlfing: Jedem Erben steht das Ausschlagungsrecht zu, das innerhalb von sechs Wochen nach Kenntnis des Erbfalls ausgeübt werden muss.
Anwaltauskunft: Sind Erbverträge eine gute Idee, Familienkonflikten um ein etwaiges Testament aus dem Wege zu gehen?
Rohlfing: Familienkonflikte werden nicht schon durch einen Erbvertrag oder ein Testament beseitigt. Ein Familienkonflikt kann nur dadurch beseitigt werden, dass sämtliche Familienangehörige an der erbrechtlichen Regelung beteiligt werden und entsprechende Einverständniserklärungen abgeben. Von der Beteiligung an einem Erbvertrag ist das Streitpotential unabhängig. Allerdings können diejenigen erbberechtigten Personen nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg streiten, die einer erbrechtlichen Regelung zugestimmt haben.
Anwaltauskunft: Wie kann ein Erbvertrag nachträglich geändert werden?
Rohlfing: Zum einen gibt es die Möglichkeit, sich im Erbvertrag den Rücktritt vorzubehalten. Durch die Ausübung des Rücktrittsrechts kann der Erbvertrag aufgehoben werden. Im Übrigen kann ein Erbvertrag nur einvernehmlich unter den Vertragsbeteiligten aufgehoben oder geändert werden. Demgegenüber kann der Testator ein Testament jederzeit frei widerrufen.
Dr. Hubertus Rohlfing, Rechtsanwalt und Notar
Rechtsgebiete: Erbrecht, Internationales Privatrecht, Landwirtschaftsrecht, Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht
Anwaltauskunft.de, Autor: kgl/ime