Vom 21. Juni 2016
Schleswig/Berlin (dpa/tmn). Im Testament kann die Testamentsvollstreckung angeordnet werden. Es kann auch ein bestimmter Testamentsvollstrecker bestimmt werden. Was passiert aber, wenn der Benannte das Amt nicht annimmt und der Erblasser keinen Ersatztestamentsvollstrecker bestimmt hat? Dann stellt sich die Frage, ob er dennoch eine Testamentsvollstreckung gewollt hat. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgericht (OLG) Schleswig.
In seinem Testament verfügte der unverheiratete und kinderlose Erblasser: „1. Meine Immobilie mit Inventar und Auto soll erhalten: F, Miteigentümer der Immobilie mit dem Wert von je 20.000,00 € sollen werden: A, B, C, D; 2. Bargeld in Höhe von 30.000,00 € soll erhalten E; 3. Rest Bargeld abzüglich Beerdigungskosten und Testamentsvollstreckungskosten soll erhalten: F …; 5. Die Testamentsvollstreckung soll erfolgen durch: Herrn X“. Der testamentarisch bestimmte Testamentsvollstrecker wollte jedoch das Testamentsvollstreckeramt nicht annehmen, sodass das Nachlassgericht einen Ersatztestamentsvollstrecker bestimmte. Hiergegen wendete sich der von dem Erblasser am meisten bedachte F.
Eindeutig hat der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung keinen Ersatztestamentsvollstrecker beistimmt. Das OLG Schleswig urteilte aber, dass das Nachlassgericht einen solchen ernennen muss, wenn der Erblasser im Testament darum ersucht. Das Ersuchen muss nicht ausdrücklich erfolgt sein, sondern es genügt, dass sich durch Auslegung des Testamentes ein darauf gerichteter Erblasserwille ermitteln lässt. In der Bestimmung eines Testamentsvollstreckers ist nicht ohne Weiteres automatisch ein Ersuchen um einen Ersatz zu sehen. Ein solcher Erblasserwille muss zudem nicht bei Errichtung der letztwilligen Verfügung wirklich vorhanden bzw. dem Erblasser bewusst gewesen sein. Er ist aber bereits anzunehmen, wenn der Erblasser bei der Berücksichtigung der später eingetretenen Sachlage mutmaßlich die Ernennung eines Testamentsvollstreckers durch das Nachlassgericht gewünscht hätte.
Dies war hier nach Ansicht des OLG Schleswig der Fall: Neben 2 Geldvermächtnissen enthält das Testament eine sehr komplizierte Regelung über die quotale Beteiligung von insgesamt 5 Personen. Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers nach Wegfall des Vorgesehenen erscheint daher objektiv sinnvoll, da das Testament im Hinblick auf die Frage Erbeinsetzung oder Vermächtnisnehmer auslegungsbedürftig ist. Zum Pflichtenkreis eines Testamentsvollstreckers gehört es, die letztwillige Verfügung des Erblassers zur Ermittlung seines wahren Willens in eigener Verantwortung auszulegen. In einer Klausel hat der Erblasser auch über die Kosten der Testamentsvollstreckung verfügt und in einer anderen erst den Testamentsvollstrecker bestimmt. Dies spricht ebenfalls für eine grundsätzlich gewollte Testamentsvollstreckung. Auch die gewählte Formulierung des Erblassers zur Anordnung der Testamentsvollstreckung deutet seinen mutmaßlichen Willen an, dass sie nicht an eine bestimmte Person gebunden sein sollte. Der Erblasser hat den Begriff „Testamentsvollstreckung“ (also das Amt) und nicht „Testamentsvollstrecker“ (also die Person) gewählt, mithin das Testamentsvollstreckeramt in den Vordergrund gestellt. Demnach war vom Nachlassgericht ein Ersatztestamentsvollstrecker zu bestimmen.
Oberlandesgericht Schleswig am 6. Juli 2015 (AZ: 3 Wx 41/15)