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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 21. Juni 2016

Der Erbe muss den Pflichtteilsentziehungsgrund beweisen können

(dpa/red). Testamentarisch kann der Erblasser sein Kind enterben. Dann bekommt das Kind jedoch immer noch den sogenannten Pflichtteil. Möchte der Erblasser, dass sein Kind auch diesen Pflichtteil nicht erhält, so kann der Erblasser dies nur unter bestimmten Voraussetzungen, die im Gesetz aufgeführt sind, anordnen. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet über eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Landshut.

 

Der Fall

Der Erblasser möchte einen von drei Söhnen nicht nur enterben, sondern diesem auch dessen Pflichtteilsanspruch entziehen. Hierfür setzte der Erblasser 1999 zwei Söhne zu gleichen Anteilen als Erben ein. Gleichzeitig enterbte er den dritten Sohn und entzog ihm den Pflichtteil. Er begründete dies mit einer Körperverletzung am 16. August 1998. 2004 errichtete der Erblasser ein weiteres notarielles Testament, in welchem er das Testament vom 10. Juni 1999 ausdrücklich aufrecht erhielt und die Pflichtteilsentziehung gegenüber dem einen Sohn wiederholte und auf eine dem Testament beiliegende Strafanzeige verwies und den Sachverhalt weiter präzisierte. Der Sohn macht nunmehr gegenüber seinen beiden Brüdern diese Pflichtteilsansprüche geltend.

 

Ermittlungsakte vernichtet, Zeugen nichts gesehen = nicht bewiesen

Das LG Landshut sah dennoch eine wirksame Pflichtteilsentziehung durch die Testamente als nicht gegeben an. Nach dem Gesetz ist eine Pflichtteilsentziehung nur in sehr engen Grenzen möglich, wenn der potenzielle Erbe sich bestimmter, schwerer Vergehen gegen den Erblasser schuldig gemacht hat. Diese wurden von den beiden als Erben verklagten Brüdern aber nicht hinreichend bewiesen. Zwar haben sie die Pflichtteilsentziehungsgründe dahingehend konkretisiert, dass der enterbte Bruder dem Vater am 16. August 1998 eine Schürfwunde beigebracht und eine blutige Nase sowie ein blaues Auge geschlagen habe. Außerdem soll er unter anderem Telefonterror durchgeführt sowie Luft aus den Autoreifen eines Bruders abgelassen haben. Objektive Anhaltspunkte für den Nachweis dieses Vortrags sind jedoch nicht vorhanden, insbesondere konnten die staatsanwaltschaftlichen Akten über die damaligen Strafanzeigen des Erblassers und der beiden Beklagten wegen zwischenzeitlicher Vernichtung nicht mehr beigezogen werden. Ein Zeuge konnte nur angeben, dass es zwischen dem Erblasser und dem Kläger zu einem Streit gekommen war und das Verhältnis zwischen den Parteien und zwischen dem Kläger und dem Erblasser danach sehr „vergiftet“ war. Eine konkrete Körperverletzung ist damit aber nicht bewiesen. Der enterbte und dem Pflichtteil entzogene Sohn hatte somit zumindest einen Anspruch auf seinen Pflichtteil nach dem Tod des Vaters.

 

Landgericht Landshut am 4. März 2016 (AZ: 54 O 2287/12)