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Aktuelle Rechtstipps

Vom 21. Februar 2018

Rechtsstreit Helmut Kohl: Können Entschädigungen vererbt werden?

Zwei Monate vor seinem Tod machte der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl noch einmal Schlagzeilen. Das Landgericht Köln sprach ihm im April 2017 eine Entschädigung in Höhe von einer Million Euro für die Veröffentlichung der „Kohl-Protokolle“ zu – die höchste Summe für vergleichbare Fälle in Deutschland. Die „Kohl-Protokolle“ beruhten nach der Einschätzung des Gerichts auf vertrauliche Äußerungen des Altkanzlers gegenüber den Buchautoren Heribert Schwan und Tilman Jens. Diese waren nicht zur Veröffentlichung bestimmt.

Die Autoren und der Verlag legten gegen das Urteil des Landgerichts Köln umgehend Berufung ein. Vor dem Abschluss des Verfahrens verstarb Kohl. Was passiert nun mit der Entschädigung? Hat die Witwe Kohls als seine Erbin einen Anspruch auf die Zahlung? Die Antwort steht noch nicht endgültig fest. In der Berufungsverhandlung beim Oberlandesgericht Köln Anfang Februar 2018 machte die zuständige Richterin Margarete Reske der Klägerin deutlich, dass ihre Chancen auf die Millionenzahlung nicht gut stehen. „Entschädigungsansprüche sind nicht vererblich“, erläuterte sie unter Berufung auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Die höchste Instanz in Zivilsachen hatte in ähnlichen Fällen bereits so entschieden.

Welche Vermögenswerte gehen im Todesfall automatisch auf die Erben über? Was kann vererbt werden, was nicht? „Diese Fragen und natürlich auch den Schuldenstand des Verstorbenen sollten die Erben möglichst schnell klären“, rät Dr. Philipp Sticherling, Rechtsanwalt und Notar sowie Mitglied der AG Erbrecht im DAV. „Dies ist schon im Hinblick auf die sechswöchige Ausschlagungsfrist für das Erben ratsam.“

Vererbt werden können alle beweglichen Sachen, also Möbel, Schmuck oder Kunstgegenstände. Dasselbe gilt für unbewegliche Sachen wie Häuser, Wohnungen und Grundstücke. Auch Guthaben auf Bankkonten des Erblassers gehen von Todes wegen automatisch auf die Erben über. Es sei denn, er hat für den Todesfall eine andere Person als den Erben ausdrücklich als Empfänger des Guthabens eingesetzt. Dasselbe gilt für Lebensversicherungen, sofern der Erblasser keine anderen Personen als seine Erben als Bezugsberechtigter benannt hat. „In diesem Fall hat der Erbe jedoch die Möglichkeit, die Schenkung zu widerrufen“, erklärt Rechtsanwalt und Notar Sticherling. „Dafür muss er sich jedoch beeilen und schneller sein als die Mitteilung der Versicherungsgesellschaft an den Beschenkten.“

Auch Urheberrechte, Patente oder Markenrechte, die dem Erblasser zustanden, gehen von Todes wegen automatisch auf die Erben über.

Nicht  vererbt werden können hingegen höchstpersönliche Rechte, zum Beispiel Unterhalts- oder Rentenansprüche des Erblassers. Auch ein Nießbrauchrecht, also ein Nutzungsrecht an einer Sache, erlischt automatisch mit dem Tod des Berechtigten. Es geht nicht auf die Erben über.

Was wie im Fall Helmut Kohl Entschädigungen angeht, die das Persönlichkeitsrecht des Erblassers betreffen, erlöschen Ansprüche grundsätzlich ebenfalls mit dem Tod. Dies hatte das Oberlandesgericht Köln bereits angedeutet. Endgültig Gewissheit, ob für den Altkanzler als Person der Zeitgeschichte eine Sonderregel gilt, gibt es jedoch erst am Verkündungstermin. Dieser wurde für den 29. Mai 2018 anberaumt.

Tipp: Falls Sie unsicher sind oder Zweifel haben, wie sich der Nachlass zusammensetzt und ob einzelne Positionen dazu gehören, holen Sie möglichst umgehend nach dem Erbfall Beratung ein. Nur wenn Sie genau wissen, was an Vermögenswerten und Schulden auf Sie als Erbe übergeht, können Sie entscheiden, ob Sie das Erbe annehmen oder ausschlagen wollen.

Einen Fachanwalt für Erbrecht oder Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Erbrecht finden Sie in unserer Anwaltsuche. Eine anwaltliche Erstberatung kostet maximal 190 Euro zuzüglich Umsatzsteuer.