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Aktuelle Rechtstipps

Vom 19. September 2017

Achtung: Schärfere Steuerregeln für Pflichtteilsverzichte

Ein Kind ist auf die schiefe Bahn geraten, hat den Kontakt zur Familie abgerissen, den falschen Partner geheiratet – vielfältige Gründe können dazu führen, dass Eltern einzelne Kinder in ihrem Testament übergehen wollen. Als Mindestanteil am Erbe steht ihnen in diesem Fall jedoch ein Pflichtteilsanspruch zu. Das ist ein Zahlungsanspruch, der sich gegen die Erben richtet. Ein solcher Anspruch kann die Erben in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, wenn der Nachlass zum Beispiel kaum liquide Mittel aufweist. Daher wird oft schon zu Lebzeiten versucht, enterbte Kinder gegen Zahlung einer Abfindung zum Verzicht auf ihren Pflichtteilsanspruch zu veranlassen.

Solche Abfindungszahlungen wecken natürlich auch Begehrlichkeiten beim Finanzamt. Wie das Erbe selbst unterliegen sie der Erbschaft- und Schenkungsteuer. In diesem Zusammenhang hat der Bundesfinanzhof (Az. II R 25/15) jetzt ein wichtiges Urteil gefällt und die Steuerregeln in bestimmten Fallkonstellationen verschärft: Einigen sich mehrere Geschwister bereits zu Lebzeiten – also nicht erst nach dem Tod – ihrer Eltern über eine Abfindungszahlung, die ein Geschwisterteil für den Verzicht auf die Ausübung des Pflichtteilsrechts erhält, werden diese jetzt behandelt wie Geldschenkungen zwischen Geschwistern. Will heißen: Es gilt nur noch der mickrige Freibetrag für Geschwister von 20.000 Euro. Der übersteigende Betrag wird nach der Steuerklasse II mit mindestens 15 Prozent belastet. Bisher behandelte der BFH solche Abfindungen so, als ob das Kind das Geld von den Eltern erhalten hätte. Mit der Folge, dass die Finanzämter den hohen Freibetrag von 400.000 Euro für Kinder berücksichtigten. Der übersteigende Betrag wurde außerdem bisher nach der Steuerklasse I und damit in der untersten Progressionsstufe mit lediglich 7 statt 15 Prozent belastet. „Die neue Rechtsprechung führt bei Abfindungsvereinbarungen wie im Urteilsfall im Regelfall zu einer deutlich höheren Steuerbelastung“, erklärt Heinz-Willi Kamps, Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses der AG Erbrecht im DAV. „Dies sollte bei Vereinbarungen über Pflichtteilsverzichte ab sofort beachtet werden.“

In jedem Fall ist es ratsam, sowohl rechtlichen als auch steuerlichen Rat einzuholen, wenn es um Abfindungszahlungen im Zusammenhang mit Pflichtteilsansprüchen geht.
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