Vom 7. Juli 2022
(dpa/tmn). Eine Erbeinsetzung kann bei Einhaltung der Formvorschriften auch in einem Brief enthalten sein. An ein solches „Brieftestament“ sind aber strenge Voraussetzungen zu stellen. Wenn der Brief ein Testat vor einem Notar nur ankündigt, enthält der Brief selbst noch keine Erbeinsetzung.
Der Fall
Eine kinderlose Frau schreibt in einem handgeschriebenen Brief an zwei Freunde: „Ich möchte mich für die liebevolle Aufnahme am 1. Weihnachtstag recht herzlich bedanken. […] Im neuen Jahr gehe ich mit Toni zum Notar; Ihr allein sollt meine Erben sein. Meine Patin kümmert sich überhaupt nicht um mich, da ist jede Verbindung abgebrochen. […]“ Kurz darauf vereinbart sie einen Beurkundungstermin für ein Testament bei einem Notar, in dem sie die beiden Freunde zu ihren Erben einsetzen will. Aufgrund einer sturzbedingten Krankenhauseinweisung konnte der Termin nicht stattfinden. Die Frau stirbt. Die Freunde halten sich aufgrund des Briefes für deren Erben, auch wenn es zur notariellen Umsetzung des Testaments nicht mehr gekommen ist.
Angekündigte oder vorgenommene Erbeinsetzung?
Zu Unrecht, urteilen die Richter. Zwar könne ein Testament auch handgeschrieben und unterschrieben in Form eines Briefes wirksam verfasst werden. Ein Brief wie der vorliegende sei aber nur dann als letztwillige Verfügung anzusehen, wenn dieser mit ernstlichem Testierwillen des Erblassers verfasst sei. Daher müsse außer Zweifel stehen, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen hat oder zumindest das Bewusstsein hatte, die Urkunde könne als Testament angesehen werden. Dies sei im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung aller erheblichen, auch außerhalb der Urkunde liegenden Umstände und der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilen. An die Annahme eines Testierwillens sind dabei strenge Anforderungen zu stellen. Ein solcher Testierwille lasse sich hier nicht feststellen, da der Text zwar davon spricht, die Freunde zu Erben einsetzen zu wollen. Aufgrund der Ankündigung, zum Notar gehen zu wollen, handelt es sich aber nur um ein Inaussichtstellen einer Erbeinsetzung und nicht schon um die Erbeinsetzung selbst.
Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken, Beschl. v. 23.11.2021 (5 W 62/21)