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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 21. Juni 2016

Der Testamentsvollstrecker soll den Erben nicht beleidigen

(dpa/red). Das Nachlassgericht kann auf Antrag einen Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entlassen, wenn dafür ein wichtiger Grund vorliegt, der nach Abwägung aller Umstände die Entlassung rechtfertigt. Eine Beleidigung gegenüber einem Miterben kann ein solcher Grund sein. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin.

 

Der Fall

Der Testamentsvollstrecker hatte eingeräumt, in größerer Runde anlässlich eines gerichtlichen Termins, der den Nachlass betraf, die Behauptung einer früheren Partnerin des Erblassers wiederholt zu haben, die erbende Witwe habe sich auf eine sexuelle Beziehung mit dem Erblasser nur aus finanziellen Gründen eingelassen. Aufgrund eines Antrags der Witwe hat das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker daraufhin entlassen. Dieser wendet vor dem KG dagegen ein, dass die bloße Wiedergabe der von einer dritten Person getätigten Äußerung für eine Entlassung nicht genügt, da sie doch nicht besagt, dass er selbst der gleichen Meinung ist.

Ist eine Beleidigung eine Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers?

Das Gesetz gibt als Beispiele für einen wichtigen Grund die grobe Pflichtverletzung durch den Testamentsvollstrecker oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung vor. Diese Beispiele sind nicht abschließend, weshalb auch andere, diesen genannten Gründen gleichwertige Sachverhalte einen wichtigen Grund für die Entlassung des Testamentsvollstreckers geben können. So ist etwa ein wichtiger Grund anzunehmen, wenn Umstände, z.B. auch durch das persönliche Verhalten des Testamentsvollstreckers, vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass sein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letztens Willens des Erblassers hinderlich ist. Das bedeutet insbesondere, dass die Entlassung des Testamentsvollstreckers immer dann zulässig ist, wenn die gegebenen Umstände den Erblasser zur mutmaßlichen Nichternennung oder zum Widerruf veranlasst hätten, mithin seine Entlassung dem mutmaßlichen Erblasserwillen entspricht.

Das war eine Pflichtverletzung

Nach Ansicht des KG liegt in dem Verhalten des Beschwerdeführers eine schwerwiegende Verfehlung gegenüber der Witwe des Erblassers und Mutter des gemeinsamen Sohnes. Der Testamentsvollstrecker hat sich mit der von ihm eingeräumten Äußerung gegenüber der Witwe nicht nur ungebührlich aufgeführt, sondern seine Pflichten ihr gegenüber bei der Ausübung seines Amtes in erheblicher Weise verletzt. Denn er hat diese durch seine Äußerung, selbst wenn er nur die Worte einer Dritten wiedergegeben haben sollte, in besonders grober Weise in ihrer Ehre verletzt. Der in den Raum gestellte Vorwurf gegen einen anderen, persönliche Beziehungen zu einem Dritten nur des Geldes wegen aufgenommen und unterhalten zu haben, ist bereits herabwürdigend. Das KG führt aus: „Besonders ehrverletzend ist dieser Vorwurf, wenn er sexuelle Beziehungen betrifft und durch eine derbe Formulierung – die hier nicht wiederholt zu werden braucht, da unstreitig – mit Worten ,aus der Gosse‘ die Betroffene in die Nähe dieses Milieus rückt.“ Es tritt erschwerend hinzu, dass der Beschwerdeführer die ehrenrührige Äußerung in einem offiziellen geschäftlichen Termin betreffend eine zum Nachlass gehörende Unternehmensbeteiligung, an dem mehrere Personen beteiligt waren, zitiert hatte, so dass die Auswirkungen nicht auf das Verhältnis zwischen dem Testamentsvollstrecker und der Witwe beschränkt waren, sondern Außenwirkung entfalten und sich auf ihr gesellschaftliches Ansehen nachteilig auswirken konnten. Auch ist anzunehmen, dass ein Verbleib des Testamentsvollstreckers im Amt nicht dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entspricht. Maßgebliche Gesichtspunkte, die für ein Verbleiben im Amt sprechen, sieht der Senat dagegen nicht.

 

Kammergericht Berlin vom 2. November 2015 (Az: 6 W 112/15)