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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 1. September 2015

Wann entstehen Notarkosten bei Testamentsberatung?

(dpa/red). Die notarielle Beurkundung eines Testamentes gibt dem Erblasser eine gewisse Sicherheit, dass sein Nachlass entsprechend seinen Wünschen in die richtigen Hände gelangt. Es kann später den Erbschein ersparen. Gegenüber einem eigenhändig verfassten Testament fallen bei einem notariellen jedoch Gebühren an. Auch bei der Beratung, ob überhaupt ein notarielles Testament notwendig ist, können erhebliche Notargebühren anfallen. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Kammergerichts (KG) Berlin.

 

Der Fall

Die Ehegatten besprachen mit dem Notar die Frage, ob sie ein notariell beurkundetes Ehegattentestament errichten sollten. Ohne dass diese Frage beantwortet war und ohne zu erwähnen, dass hierfür Kosten anfallen, übersandte ihnen der Notar mit ihrem Einverständnis einen Testamentsentwurf. Bei diesem handelte es sich um einen Standardentwurf, der nicht auf die Verhältnisse der Ehegatten angepasst war.

 

Die Notargebühren sind entstanden, …

Das KG Berlin stellte fest, dass die Ehegatten einen Entwurfsauftrag ohne Zweifel erteilt haben, da sie der Zusendung zugestimmt haben. Somit ist bereits die dafür gesetzlich vorgesehene Notargebühr angefallen. Im Grunde kommt es nicht darauf an, für welchen Zweck der Entwurf angefordert wurde; auch wenn der Entwurf nur Informationszwecken dienen sollte. Anders als die Eheleute meinen, handelt es sich bei dem ihnen vom Notar übersandten dreiseitigen Testamentstext um einen Entwurf, auch wenn es sich um einen Standardentwurf handelt, in dem noch nicht alle Einzelheiten aufgenommen waren. Denn dass ein Entwurf noch an die jeweiligen Besonderheiten des Falls anzupassen ist, entspricht seinem Wesen.

 

… aber zahlen müssen sie dennoch nicht.

Jedoch steht dem Kostenanspruch des Notars ein Notarhaftungsanspruch der Eheleute in gleicher Höhe entgegen. Der Notar musste die Eheleute darüber unterrichten, dass schon die Anfertigung des Entwurfs eines Testamentes erhebliche Kosten verursacht. Denn wissen diese nicht einmal, ob ein notariell beurkundetes Testament für sie zweckmäßig ist, ist das Ansinnen des Notars im Rahmen der planenden Beratung, ihnen einen kostenpflichtigen Entwurf zukommen zu lassen, amtspflichtwidrig, wenn er die Eheleute nicht über die dafür entstehenden Kosten informiert. Hätte sie der Notar auf die Kosten für den Entwurf hingewiesen, hätten die Eheleute aufgrund des geringen Bedürfnisses für ein notarielles Testament und ihrer angespannten finanziellen Lage davon abgesehen, einen dreiseitigen Entwurf eines Standard-Testamentes für 852,69 Euro anzufordern.

 

Da die Eheleute gegen den Kostenanspruch mit ihrem Notarhaftungsanspruch noch im gerichtlichen Verfahren aufrechneten, mussten sie letztendlich dem Notar nichts zahlen, denn anrechenbare Vorteile hatten die Kostenschuldner aus der Übersendung des für sie unbrauchbaren Entwurfs nicht.

 

Kammergericht Berlin, Beschluss vom 30. Juni 2015 (AZ: 9 W 103/14)