Vom 30. April 2012
Bei Streitigkeiten um das Erbe wird häufig die Behauptung erhoben, das Testament sei gefälscht. Erweist sich eine solche Behauptung durch eine Überprüfung als falsch, muss der Behauptende damit rechnen, dass er die Kosten der Überprüfung tragen muss. Das Oberlandesgericht München entschied, dass die Gutachterkosten eines Schriftsachverständigen derjenige zahlen muss, der die falsche Behauptung aufgestellt hat. Die Erblasserin hatte ihr Testament handschriftlich verfasst und in amtliche Verwahrung gegeben.
Darin benannte sie eine Alleinerbin. Nach dem Tod wollte auch die Nichte erben und behauptete, das Testament sei deutlich in Teilen gefälscht. Das Nachlassgericht ordnete eine Untersuchung an. Der Schriftsachverständige kam in seinem Gutachten zu dem Schluss, dass das Testament mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent von der Erblasserin stamme. Die restlichen Zweifel verblieben nur, weil mangelhaftes Vergleichsmaterial vorlag. Das Gericht stellte den Erbschein aus und verpflichtete die Alleinerbin zur Übernahme der Kosten für das Gutachten. Dagegen erhob diese erfolgreich Beschwerde. Grundsätzlich sei derjenige der Kostenschuldner, der den Erbschein beantrage. Das gelte auch dann, wenn Gutachten durch andere veranlasst worden seien. Nachlassgerichte müssten aber Ungerechtigkeiten vermeiden. So müssten in einem Erbscheinverfahren die Sachverständigenkosten demjenigen aufgebürdet werden, der die falsche Behauptung erhoben habe. Daher musste die Nichte die Kosten tragen, ohne Erbin zu sein. Fazit: Behauptungen sollten nicht ins Blaue hinein erhoben werden. Sonst ist man einem hohen Kostenrisiko ausgesetzt.
Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 30. April 2012 (AZ: 31 Wx 68/12)