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Aktuelle Rechtstipps

Vom 8. Dezember 2017

Ausschlagungsfrist abgelaufen: Was jetzt

Die Trauerfeier ist vorbei, alle Formalien soweit erledigt. Was unter den Erben zu verteilen ist, steht noch nicht im Einzelnen fest. Wochen gehen ins Land, bis bei einem Erben plötzlich das Schreiben eines Inkassodienstes ins Haus flattert.

„Wir wurden mit dem Einzug der Forderung gegen Frau Meier beauftragt. Wie wir erfahren haben, ist Frau Meier verstorben. Hierzu möchten wir zunächst unser Bedauern zum Ausdruck bringen. Es fällt uns nicht leicht, mit dieser Angelegenheit an Sie heranzutreten. Wir bitten jedoch um Verständnis, dass diese Forderung dringend geregelt werden muss.“

Nach unserer Information sind Sie Erbe geworden. Sollten Sie die Erbschaft angenommen haben, haften Sie gemäß § 1967 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten.“ (Auszug aus einem Original)

Im Folgenden dann die Mitteilung, dass die Erblasserin 13.000 Euro Schulden hatte sowie die Aufforderung, sich innerhalb der nächsten 10 Tage zu melden.

Schreiben dieser Art lösen nicht selten zunächst einen Schock bei den Erben aus. Statt aus Vermögen besteht der Nachlass offensichtlich aus Schulden. Das war nicht zu vermuten. Was jetzt tun, wenn die Sechs-Wochen-Frist zur Ausschlagung der Erbschaft schon abgelaufen ist?

„In so einem Fall ist es ratsam, einen kühlen Kopf zu behalten und so schnell wie möglich Rat einzuholen“, sagt Dr. Hans Hammann, Rechtsanwalt und Mitglied der AG Erbrecht im DAV. Mit Ablauf der Sechs-Wochen-Frist gilt die Erbschaft als angenommen. Stellt sich jedoch erst nach Ablauf der Frist heraus, dass der Erblasser verschuldet war oder Belastungen anderer Art bestanden, von denen ein Erbe nichts wusste, kann er gegebenenfalls die Annahme der Erbschaft gegenüber dem Nachlassgericht anfechten. „Zulässig ist eine Anfechtung allerdings nur innerhalb von sechs Wochen. Diese weitere Frist muss unbedingt eingehalten werden“, so Dr. Hammann. Dabei muss der Erbe auch die Gründe für seinen Irrtum darlegen. Immer wieder müssen Gerichte klären, ob ein solcher Irrtum tatsächlich vorlag, der einen Erben zur Anfechtung der Annahme der Erbschaft berechtigt. So auch in dem Fall, über den das Oberlandesgericht Köln entscheiden musste (Az. 2 Wx 109/17). Ein Alleinerbe hatte die Sechs-Wochen-Frist verstreichen lassen, mithin das Erbe angenommen. Er war auch sicher, dass er etwas erben würde. Denn schließlich hatte der Verstorbene ein Jahr vor seinem Tod eine Abfindung über 100.000 Euro erhalten. Der Erbe wusste auch, dass einige Monate vor dessen Tod noch 60.000 Euro auf dem Konto waren. Aber da lag er falsch. Als der Erblasser starb, war von dem Geld nichts mehr da. Der Nachlass war überschuldet.

Da der Erbe irrtümlich von der Werthaltigkeit des Nachlasses ausgegangen war, konnte er die Annahme der Erbschaft anfechten. Folge war, dass er rückwirkend seinen Erbenstatus verlor und damit auch nicht mehr für Verbindlichkeiten des Erblassers haftete.

Tipp. Wenn ein weiter entferntes Nachlassgericht für den Erbfall zuständig ist, kann der Erbe an seinem Wohnort das Nachlassgericht oder einen Notar aufsuchen und dort die Anfechtung der Annahme erklären. Wichtig ist, dass die Anfechtung am Ende unter Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Form und Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Ratsam ist es in jedem Fall, fachliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, denn kleine Fehler können teuer zu stehen kommen.

Tipp: Am besten ist es, sich bei einem erfahrenen Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Erbrecht vor der Errichtung des Testaments beraten zu lassen. Einen Experten in Ihrer Nähe finden Sie in unserer Anwaltsuche.