Seite drucken

Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 21. Oktober 2020

Corona-Pandemie befreit nicht von Notartermin

(dpa/tmn). Auch in Zeiten von Corona müssen Erbfälle abgewickelt werden. Pflichtteilsberechtigte haben grundsätzlich einen Anspruch auf Auskunft über den Nachlass, u.a. durch Vorlage eines von einem Notar erstellten Verzeichnisses. An deren Errichtung haben die Erben mitzuwirken. Kann man sich dieser Pflicht entziehen, in dem man sich auf die Pandemielage beruft. Nein, lautet die eindeutige Antwort.

Der Fall
Eine enterbte Tochter verlangt von der Erbin Auskunft über den Nachlass durch Vorlage eines notariellen Verzeichnisses, damit sie ihre Pflichtteilsansprüche beziffern kann. Die Erbin beauftragt einen Notar, sagt aber den mit diesem vereinbarten Termin mit der Begründung ab, sie vermeide im Hinblick auf die „momentane Situation“ wegen ihrer eigenen stark erhöhten Gefährdungslage derzeit jegliche Kontakte mit Dritten. Die Pflichtteilsberechtigte beantragt, gegen den die Erbin ein Zwangsgeld festzusetzen, um diese dazu anzuhalten, an der Erstellung des notariellen Verzeichnisses ordnungsgemäß mitzuwirken.

Covid-19 entbindet die Erben nicht von der Pflicht zur Erstellung eines notariellen Verzeichnisses
Zu Recht, urteilen die Richter. Die Erbin wende eine vorübergehende Unmöglichkeit aufgrund der Pandemie ein, während deren Zwangsmaßnahmen zur Mitwirkung an der Erstellung eines notariellen Verzeichnisses unzulässig sind. Hierfür sei sie aber darlegungs- und beweispflichtig. Ihre Ausführungen zu einer Terminsaufhebung im Hinblick auf die „eigene stark erhöhte Gefährdungslage“ im Hinblick auf die Covid-19-Pandemie und ihr Alter genügen dafür nicht. Dazu wäre erforderlich, dass der Schuldnerin eine Terminswahrnehmung (sei es – wie geplant – in ihrem Hause oder am Amtssitz des Notars) auch bei Einhaltung der gebotenen Schutzmaßnahmen nicht zumutbar ist, ggf. auch unter Darlegung der vom Notar veranlassten Hygienemaßnahmen. Im Übrigen ordne das Gesetz keine persönliche Wahrnehmung des Termins zur Aufnahme eines Bestandsverzeichnisses an. Dies sei zwar der Regelfall, in Betracht kämen aber unter den gegebenen Umständen auch eine schriftliche oder fernmündliche Korrespondenz mit dem Notar und/oder die Mitwirkung eines Vertreters.

Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Beschluss vom 9.7.2020 (10 W 21/20)