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Aktuelle Urteilsmeldungen

Vom 17. August 2023

Eigenhändiges Testament trotz Parkinson-Erkrankung?

(dpa/tmn). Erkrankt ein Mensch an Parkinson, so kommt es im Verlauf der Erkrankung oft zu feinmotorischen Störungen, die auch das Schriftbild beeinträchtigen können. Welche Auswirkungen hat dies auf die Eigenhändigkeit eines Testaments und ab wann kann man bei einer solchen Erkrankung von einer Testierunfähigkeit ausgehen?

Parkinson und die Errichtung eines eigenhändigen Testaments

Ein kinderloser Mann leidet seit 2015 an einer Parkinson-Erkrankung. 2020 schreibt der Mann ein eigenhändiges Testament, in dem er seinen Nachbarn zu seinem Alleinerben einsetzt und einige Monate später ergänzt, dass dessen Sohn Ersatzerbe sein soll. Nach dem Tod des Mannes im Jahr 2021 beantragt der Nachbar auf Grundlage des eigenhändigen Testaments einen Erbschein. Die Nichte des Verstorbenen hingegen hält sich aufgrund eines früheren Testaments für die berechtigte Erbin.

Parkinson-Erkrankung nicht gleichbedeutend mit Testierunfähigkeit

Zu Unrecht, so entscheidet das Gericht. Eine Parkinson-Erkrankung kann sich zwar auf die feinmotorischen Fähigkeiten des Erkrankten zum Beispiel durch Zittern und Verlangsamung der Bewegungsabläufe auswirken und somit auch das Schriftbild beeinträchtigen. Auch eine an Parkinson erkrankte Person kann aber eigenhändig testieren, wenn sie noch schreiben kann. Kann das Gericht anhand von Schriftproben eine hinreichende Ähnlichkeit der Schrift erkennen, so bedarf es zum Nachweis noch nicht einmal eines Gutachtens eines Schriftsachverständigen. Auch führt eine Parkinson-Erkrankung nicht automatisch zur Testierunfähigkeit. Diese verlangt, dass dem Erkrankten die Einsichts- und Handlungsfähigkeit aufgrund krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung verloren gegangen sind. Parkinson weist aber als chronisch progressive neurodegenerative Erkrankung kein einheitliches Krankheitsbild auf. Eine Einschränkung der freien Willensbestimmung geht gerade nicht automatisch mit der Erkrankung einher. Lässt sich eine Beeinträchtigung nicht aufgrund der konkreten Symptomatik feststellen, so bleibt es bei der gesetzlichen Vermutung, dass der Testierende testierfähig ist.

Kammergericht (KG) Berlin, Beschl. v. 9.5.2023 (6 W 48/22)